Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Geheimsache Christkind
Bitte lassen Sie Ihre Kinder diese Kolumne nicht lesen: von fatalen Leichtsinnsfehlern in der Vorweihnachtszeit
Weihnachts-glitzer-kerzen-gefühl? Daran ist besser nicht zu rühren ... Dieser Glaube ans Christkind ist einfach zu schön, um doch nicht irgendwie wahr zu sein. Oder um einfach schnöde aus dem Kinderleben zu verschwinden... Also machen wir einfach weiter.
Welch spitzfindige Fragen habe ich schon auf dem Weg zur Wahrheitsfindung beantwortet. Warum kommt das Christkind nur zu Kindern? Wie findet es all die Kinder? Wie groß sind eigentlich die Weihnachtswerkstätten und seit wann hat das Christkind eigentlich einen Vertrag mit Lego?
Vielleicht deshalb wird bei uns in diesem Jahr nichts dem Zufall überlassen. Im Flur, im Wohnzimmer, im Kinden derzimmer – überall liegen angefangene und ausgeschmückte Wunschzettel herum. Das hat begonnen, als Ende September der erste Spielzeugkatalog ins Haus flatterte und daraufhin mit großer Akribie wieder und wieder studiert wurde. Seitdem wird überlegt, ergänzt und gerechnet, ob das alles fürs (eventuelle) Christkind nicht zu teuer wäre. Hauptwünsche und nachrangige Wünsche sind durch unterschiedlich farbige Punkte gekennzeichnet. Hauptwünsche bleiben aber ohnehin nicht verborgen, weil sie bei jeder sich bieten- Gelegenheit der Oma oder der Patentante vorgetragen werden.
Für mich hat es durchaus Vorteile, wenn die Wunschzettel großzügig im Haus verteilt werden. Neulich habe ich rasch eine frühe Morgenstunde genutzt und ein paar Wünsche im Internet schon mal recherchiert. Liebe Eltern, wie blöd muss man sein! Was für ein fataler Leichtsinnsfehler im digitalen Weihnachtszeitalter. Seitdem ploppt auf dem Tablet ständig einschlägige Werbung auf. Und viel doofer: Wie konnte ich nur vergessen, meine Spuren zu vertuschen? Früher durchstöberten Kinder das ganze Haus, öffneten Schränke, in Kellern und Dachböden, wo Geschenke versteckt sein könnten, heute müssen sie nur von ihren dummen Eltern den Internetverlauf studieren. Ich bin also mehr oder weniger aufgeflogen. Eilige Ausreden haben ein wenig weitergeholfen: Na ja, nun wenn die Wunschzettel schon überall herumliegen, kann man ja mal schauen und so ... Und dann musste dringend Zucker aus dem Keller geholt werden. Und Sie können mir glauben, ich kann sehr lange Zucker aus dem Keller holen. Als dann der Postbote ein paar Tage später ein großes Paket brachte, der nächste Fragenmarathon, die nächsten Notlügen. So viel Zucker haben wir gar nicht im Keller...
Mir sind jedenfalls zwei Dinge klar geworden: Ob man den Kindern vom Christkind erzählt oder nicht, in der Weihnachtszeit wird geflunkert, dass sich die Balken biegen. Die zweite Erkenntnis: Verstecke den Computer vor deinem Kind. Der Verlauf der Suchmaschine ist dem Christkind sein Tod.
48, lebt in Augsburg und hat einen Sohn im Alter von zehn Jahren.
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