Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ledvance-mitarbeite­r suchen nach neuen Jobs

Unternehme­n präsentier­en sich auf einem Aktionstag den Beschäftig­ten. Angebot und Nachfrage sind groß

- VON ANDREA WENZEL

Augsburg Im Foyer der Agentur für Arbeit Augsburg herrscht am Donnerstag­mittag reges Treiben. Die Jobvermitt­ler haben die derzeit 254 als arbeitssuc­hend gemeldeten Ledvance-mitarbeite­r zu einem Aktionstag eingeladen, bei dem sie sich nicht nur ganz konkret nach neuen Arbeitsste­llen umsehen, sondern sich auch rund um das Thema „richtig bewerben“informiere­n können. Das Angebot kommt an, man muss sich regelrecht aneinander vorbeischi­eben, will man einen Infostand weiter kommen.

Stau gibt es gleich zu Beginn am Stand von Philipp Welzel. Er ist bei Müllermilc­h in Aretsried für die Personalsu­che verantwort­lich und hat binnen einer Stunde um die 20 Gespräche mit interessie­rten Bewerben geführt. „Da waren durchaus Kandidaten dabei, die für uns interessan­t sind“, erzählt er. Zu ihnen gehört auch eine Frau mittleren Alters, die bislang als Assistenti­n der Produktion­sleitung beim Lampenhers­teller beschäftig­t ist. Sie interessie­rt sich für eine Stelle als Sachbearbe­iterin und hat sogar schon ihre Bewerbungs­mappe dabei. „Ich möchte die Chance nutzen, meine Unterlagen persönlich abgeben und in ein persönlich­es Gespräch gehen zu können“, erzählt sie. Für Philipp Welzel der richtige Weg, vor allem weil bei Müllermilc­h dringend Personal gesucht wird. „Wir expandiere­n im nächsten Jahr für rund 42 Millionen und suchen daher um die 40 neue Mitarbeite­r aus verschiede­nsten Bereichen.“Von Logistiker­n über kaufmännis­che Mitarbeite­r als auch Mitarbeite­r in der Pro- duktion erstrecke sich das Angebot. Hier bieten die Ledvance-mitarbeite­r jede Menge Potenzial. Deshalb hatte sich Welzel schon kurz nach Bekanntwer­den der Standortsc­hließung direkt an die Stadt und den Betriebsra­t gewandt und konkret sein Interesse an den Beschäftig­ten bekundet. „Wir haben hier auch schon erste Gespräche mit Mitarbeite­rn geführt“, berichtet er.

Doch nicht für alle laufen die Gespräche an diesem Nachmittag positiv. Eine Frau im roten Steppmante­l interessie­rt sich für ein Stellenang­ebot von Kardex Remstar aus Neuburg an der Kamel (Landkreis Günzburg). Weil die Frau aber keinen Führersche­in hat und nicht mit dem Zug pendeln will, scheidet dieser Job für sie aus. Eine Kollegin, die 29 Jahre lang als Vorarbeite­rin bei der Pastenhers­tellung im Lampenwerk gearbeitet hat, ist ebenfalls noch unsicher. „Es ist so viel Angebot, dass ich erst einmal sortieren muss, was für mich überhaupt infrage kommt“, meint sie. Wichtig seien ihr neben dem Aufgabenge­biet auch gute Sozialleis­tungen. Das sieht auch ein 44-jähriger Energieele­ktroniker so. Er nutzt die Veranstalt­ung vor allem, um sich beim Thema Bewerbungs­unterlagen auf den aktuellen Stand zu bringen. Mit der Jobsuche will er sich dagegen noch etwas Zeit lassen. „Einige der Firmen, die hier vor Ort sind, kommen für mich nicht in die engere Wahl. Sie haben im Netz schlechte Bewertunge­n, was den Umgang mit Mitarbeite­rn angeht. Davon habe ich vorerst genug“, nennt er seine Gründe. Ein Vorarbeite­r hat sich deshalb am Stand der Deutschen Bahn nach einer Stelle ungesehen. „Die verschwind­en sicher nicht so schnell wie Ledvance einfach so vom Markt und es gibt auch gute Sozialleis­tungen“, berichtet er.

Für Thomas Schörg von der IHK, die zusammen mit den Partnern der Allianz für Arbeit den Aktionstag geplant hat, ist der Wunsch nach Sicherheit und guten Leistungen nachvollzi­ehbar. „Die Leute kommen aus einer Konzernstr­uktur, sind hier teils beruflich groß geworden und werden nun mit Strukturen eines Mittelstän­dlers konfrontie­rt. Da ist zwar das eine nicht unbedingt schlechter oder besser als das andere, aber es ist eben anders“, argumentie­rt er. Daran müssten sich die Mitarbeite­r erst gewöhnen.

Welche Chancen die Ledvancebe­schäftigte­n am Ende auf einen berufliche­n Neuanfang haben, schätzt Roland Fürst, Geschäftsf­ührer Operativ der Arbeitsage­ntur Augsburg, am Rande der Veranstalt­ung so ein: „Die Nachfrage der Arbeitgebe­r für unsere Veranstalt­ung war groß, wir hatten sogar eine Warteliste. Dazu haben wir rund 6000 offene Stellen im System und der Arbeitsmar­kt ist nach wie vor gut. Da müsste es uns gelingen, die Leute zu vermitteln.“Dringend nötig seien in vielen Fällen aber Qualifizie­rungsmaßna­hmen. Das hat auch Susan Radtke vom Logistikun­ternehmen Dachser festgestel­lt. Rund 40 Prozent der Arbeitssuc­henden sind ungelernte Kräfte. „Wir sind spezialisi­erte Deppen“, nimmt es ein Maschinenf­ührer mit Humor und hofft auf die Unterstütz­ung der Arbeitsage­ntur. Die stellt pro Jahr rund 23 Millionen Euro für Qualifizie­rung, Weiterbild­ung und Einglieder­ung zur Verfügung. „Am Geld scheitert es nicht, wenn ein Mitarbeite­r eine neue Stelle antreten will“, so Fürst. Und der Wille zur Weiterbild­ung scheint da, wenn man sich unter den Gästen des Aktionstag­s umhört.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? 254 als arbeitssuc­hend gemeldete Ledvance-mitarbeite­r waren zu einem Aktionstag bei der Agentur für Arbeit eingeladen. Geschäftsf­ührer Roland Fürst (rechts) machte ihnen Mut für einen erfolgreic­hen berufliche­n Neuanfang.
Foto: Silvio Wyszengrad 254 als arbeitssuc­hend gemeldete Ledvance-mitarbeite­r waren zu einem Aktionstag bei der Agentur für Arbeit eingeladen. Geschäftsf­ührer Roland Fürst (rechts) machte ihnen Mut für einen erfolgreic­hen berufliche­n Neuanfang.

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