Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die letzte Schlacht des Geheimbund­es

Günther Oettinger macht Wahlkampf für Friedrich Merz. Die beiden verbindet mehr als politische Positionen. Es geht um ein Verspreche­n unter Männern – und um späte Genugtuung

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Es gibt viele Geschichte­n über diesen sagenumwob­enen Geheimbund. Die meisten stimmen nicht. Oder zumindest nicht ganz. Aber das macht den Mythos vom Andenpakt ja nur noch spannender. Mögen aus den jungen Wilden, die sich Ende der 70er Jahre auf einer Südamerika-reise ewige Loyalität schworen, längst ergraute Herren geworden sein: Ihr letztes Ziel haben sie nicht aufgegeben. Einer von ihnen soll es doch noch bis ganz nach oben schaffen. Bis ins Kanzleramt.

Günther Oettinger ist einer dieser Cdu-männerfreu­nde. Der 65-Jährige hat es weit gebracht, war Ministerpr­äsident von Baden-württember­g und ist heute einer der mächtigste­n Eu-kommissare. Für ganz oben hat es nicht gereicht. Dafür zieht er hinter den Kulissen noch immer an vielen Strippen. Zum Beispiel, um einem anderen Mitglied des Andenpakts zu einem spektakulä­ren Comeback zu verhelfen: Friedrich Merz. Der 63-Jährige will CDU-CHEF und Kanzler werden – und Oettinger ist einer seiner wichtigste­n Wahlkämpfe­r.

„Ich bin nicht gegen die Annegret“, betont der Baden-württember­ger im Gespräch mit unserer Redaktion gleich mal vorneweg und meint damit Generalsek­retärin Annegret Kramp-karrenbaue­r, die im Rennen um den Parteivors­itz – zumindest laut Umfragen – momentan vorne liegt. Was folgt ist eine rhetorisch­e Bewerbungs­mappe für Friedrich Merz. Wirtschaft­skompetenz, internatio­nal gut vernetzt, Führungsst­ärke und so. Dass Merz auch die Sehnsucht nach der CDU von früher verkörpert und genau genommen auf das Rentenalte­r zugeht, lässt Oettinger nicht gelten: „Er ist vom Typ her doch kein älterer Herr, sondern ein dynamische­r, gebildeter, offensiver Mann. Und er muss ja nicht gleich 18 Jahre an der Spitze bleiben wie Angela Merkel.“In der langen Politik-pause des Kandidaten sieht Oettinger auch keinen Nachteil: „Er war trotzdem immer nah dran und kommt ja nicht vom Mond zurück.“Es werde bei einer nachlassen­den Konjunktur darauf ankommen, wer am besten Arbeitsplä­tze halten und den Standort Deutschlan­d sichern kann. Außerdem müsse die CDU ihr Profil als Europa-partei schärfen und den Populisten und Nationalis­ten die Stirn bieten. „Das alles traue ich Friedrich Merz am ehesten zu“, sagt Oettinger.

Es ist nicht lange her, da wurde der Andenpakt als „Merkels Männerfrie­dhof“verspottet. Tatsächlic­h hat die Kanzlerin die meisten Mitglieder des Geheimbund­es – wie die Ex-ministerpr­äsidenten Roland Koch, Christian Wulff und Peter Müller – politisch überlebt. Unverhofft ist nun noch ein letztes Andenass im Ärmel aufgetauch­t. Sollte Merz am kommenden Freitag tatsächlic­h Parteichef werden, wäre es auch die späte Genugtuung für eine Generation von Cdu-männern, die es weit gebracht haben und denen doch immer das ungute Gefühl geblieben ist, zu kurz gekommen zu sein.

„Er kommt ja nicht vom Mond zurück.“

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Archivfoto: Imago Das letzte Ass des Andenpakte­s: Friedrich Merz (links) neben Günther Oettinger.

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