Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ende der Seelenmassage
Auf der Jahreshauptversammlung ist auch Uli Hoeneß Gegenstand der Kritik. Er stützt Trainer Kovac und bestätigt, dass der Klub sich mit Oliver Kahn beschäftigt
München Dass die Jahreshauptversammlung des FC Bayern dieses Mal kein durchweg harmonisches Treffen werden würde, war schon nach fünf Minuten klar. Präsident und Aufsichtsratschef Uli Hoeneß erklärte in seiner Eröffnung das Fehlen von Sportdirektor Hasan Salihamidzic wie folgt: „Hasan wollte heute unbedingt dabei sein.“Aus einer Ecke des Audi Domes war daraufhin höhnischer Applaus zu hören. Hoeneß reagierte mit einem strafenden Blick, verstummte kurzzeitig – und fuhr fort: „Aber wir haben entschieden, dass es besser ist, dass er mit dem Trainer heute bei der Mannschaft in Bremen ist.“Es war eine Situation, die klarmachte: Die Lage ist angespannt, und das nicht nur aus sportlicher Sicht.
Dabei war die Mitgliederversammlung des Vereins jahrelang zu einer Art Seelenmassage für Hoeneß geworden: 2013 brach er, gegen den gerade Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben wurde, wegen des Zuspruchs in Tränen aus. Vor zwei Jahren wurde der 66-Jährige nach Verbüßung seiner Haftstrafe mit 98,5 Prozent der Stimmen als Präsident wiedergewählt. An diesem Novemberabend im Jahr 2018 waren die Vorzeichen andere.
Die Zahlen wie Umsatz und Gewinn sind zwar wie immer bestens, doch eine Zustimmung von 98,5 Prozent würde Hoeneß derzeit wohl nicht bekommen. Im Sitzbereich der Sporthalle hing eine Fahne Nordkoreas. Darauf war der Schriftzug zu lesen: „Not my president“, eine Anspielung auf den autoritären Stil von Hoeneß. Vor allem den Bruch mit Paul Breitner, dem Hoeneß nahegelegt hatte, vorerst nicht mehr in der Ehrenlounge zu erscheinen, scheinen ihm einige Fans nicht zu verzeihen. Gegen Lissabon am Dienstag hatte es in den Schlussminuten Sprechchöre für Breitner gegeben.
Den Namen seines ehemaligen Freundes Breitner nahm Hoeneß in seinem Bericht nicht in den Mund. Der 66-Jährige betonte jedoch, dass er sich gegen unberechtigte Kritik – „egal von wem“– wehren werde. Auf die Kritik an seiner Person ging der Präsident wie folgt ein: Die denkwürdige Pressekonferenz, in der die Bayern-bosse zum Rundumschlag gegen Medien ausgeholt hatten, sei zwar im Ansatz richtig gewesen. Die Art und Weise nannte Hoeneß aber „verbesserungswürdig“.
Aus sportlicher Sicht gab sich der 66-Jährige kämpferisch und unterstützte seinen Trainer: „Wir haben mit Niko Kovac einen jungen, sehr guten Trainer verpflichtet, dem wir alle unsere Unterstützung geben sollten.“Von der Meisterschaft wollte Hoeneß angesichts von neun Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund nicht sprechen. „Nach den letzten Gesprächen ist es zu einem Schulterschluss zwischen Mannschaft und Trainer gekommen. Diese Saison kann noch eine ganz gute werden.“Abschied wird es hingegen wohl von verdienten Spielern wie Franck Ribéry und Arjen Robben geben. Hoeneß kündigte an: „Wir werden im nächsten Jahr im größeren Stil investieren.“Der Verein habe dann den Platz im Kader für neue Topspieler.
Aber ist ein FCB auch ohne Hoeneß vorstellbar? Dieser betonte selbst, es gehe darum, „die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen“. Dass ein Ex-spieler eine Rolle spielt, gab Hoeneß zu: „Ich kann versichern, dass der Name Oliver Kahn eine Rolle spielt.“Dies sei aber ein Thema für „die nächsten sechs bis zwölf Monate“. Im kommenden Jahr finden Neuwahlen im Verein statt.
Vorstandschef Karl-heinz Rummenigge soll hingegen seinen 2019 auslaufenden Vertrag verlängern. Als Rummenigge die von den Bayern gewechselten Spieler verabschiedete, brandete nochmals Applaus von den Zuschauerrängen aus: nämlich dann, als Juan Bernat an der Reihe war. Den heutigen Spieler von Paris hatte Hoeneß in der Wutpressekonferenz angegriffen. Es waren Spitzen wie diese, die zeigten: Es gärt beim FC Bayern. Auch wenn der große Eklat diesmal ausblieb.
An Hoeneß gerichtet, richtete Rummenigge noch einen Wunsch: „Manchmal solltest du vielleicht etwas gelassener sein. Ich werde dir in Zukunft meine rechte Hand auf den Oberschenkel drücken, damit du nicht irgendwann explodierst.“Dieser gelobte Besserung – und erntete ebenfalls Applaus.