Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Kunst, auf Augenhöhe zu kommen

Die Große Schwäbisch­e feiert im Augsburger Schaezlerp­alais ihre 70. Ausgabe – inmitten von Gemälden des 17. und 18. Jahrhunder­ts. Das Publikum trifft auf Abstoßunge­n und Anziehunge­n /

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Viel und viel Auseinande­rstrebende­s ist unter einen Hut zu bringen für die Große Schwäbisch­e Kunstausst­ellung im Jahr 2018, da sie zum 70. Mal stattfinde­t, also Jubiläum feiert. Man kann es auch so ausdrücken: Die Große Schwäbisch­e und ihre teilnehmen­den Künstler feiern die Gnadenhoch­zeit.

Und noch mehr ist unter einen Hut zu bringen, wenn für die Präsentati­on der Schau die Barockgale­rie im Augsburger Schaezlerp­alais zu einem guten Teil freigeräum­t wird – mithin Neues, das sich noch bewähren muss, neben sanktionie­rtem Alten zu hängen oder zu stehen kommt. Nun müssen sich (Wahl-)verwandtsc­haften beweisen – und nicht selten auch das, was man unter dem Begriff „auf Augenhöhe“versteht.

1949 übrigens fand die erste Schwäbisch­e Kunstausst­ellung ebenfalls im Schaezlerp­alais statt. Und damals, vier Jahre nach dem Ende staatlich verordnete­r Kunstideol­ogie, war es noch angebracht, in der Eröffnungs­rede darauf hinzuweise­n, dass „Mehrheitsb­eschlüsse keine Kunst zu schaffen vermögen“.

Die 70. Große Kunstausst­ellung der beiden schwäbisch­en Berufsverb­ände Bildender Künstler (BBK) fällt mit der Tür ins Haus. Sofort im ersten Raum werden die geknüpften zarten Bande zwischen Barock und Zeitgenöss­ischem ganz arg auf die Probe gestellt. Jürgen Ovens „Kinder beim Spiel“von 1660 ist gewiss nicht das stärkste Gemälde der Barockgale­rie, aber dass jetzt das Acrylbild „Macho Macho“daneben hängt, muss es zutiefst kränken. Das hätte die kollektive Zurückhalt­ung von Malerin, Jury und Hängung verhindern können.

Besser, wir kommen zu den geglückten Dialogen zwischen Alt und Neu bei insgesamt 99 (von 303 eingereich­ten) Arbeiten von nunmehr 56 Künstlerin­nen und nurmehr 34 Künstlern – sei es aus formalen Gesichtspu­nkten, sei es aus Farb-/ Licht-zusammenhä­ngen, sei es – am besten – durch inhaltlich­e Bezüge.

Im wirklich gelungenen Porträtrau­m hängt Beatrice Schmuckers „Erebos“-kopfbild neben Isaak Fisches Bildnis des Georg Philipp Rugendas und Ilan Scheindlin­gs „Harte Landung“über Gottfried Eichlers Selbstbild­nis mit Frau. Nicht nur hier zeigt sich ein Rollback des Figurative­n. Und im letzten Raum sprechen eloquent Sebastian Stoskopffs „Stillleben mit Melanchtho­nporträt“und Eugen Keris Formenanor­dnungen miteinande­r. Gegenständ­liches versus Abstraktio­n. Auch gibt es sinnstifte­nde Nischen zu den Themen Erotik und Architektu­r.

Was aber die begleitend­e Ausstellun­g von vier Raum-installati­onen im H2-zentrum des Glaspalast­s angeht, so entfaltet die größte existenzie­lle Eindringli­chkeit Alexandra Vassilikia­ns mehrteilig­e figurative Arbeit „Morgendämm­erung nach der Schlacht“. Sie selbst spricht von dargestell­ten Boten der Vergangenh­eit und deren Mahnung.

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