Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schwachsin­n, bestens aufbereite­t

Mit „Frohes Fest“kommt in Ingolstadt die reine Klamotte auf die Bühne. Doch der Regisseur kann’s richten

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt Jochen Schölch schwärmt in höchsten Tönen von der Komödie „Frohes Fest“. Das 2002 in London uraufgefüh­rte Stück des Schotten Anthony Neilson sei „bester britischer schwarzer Humor, gepaart mit der zutiefst menschlich­en Tragödie“, so das Zitat in den Ankündigun­gen des Stadttheat­ers Ingolstadt für die Premiere im Großen Haus. Wie bitte? Der Regisseur, im Hauptberuf Intendant des Münchner Metropolth­eaters und regelmäßig Gast im Haus an der Donau, hat wie gewohnt eine handwerkli­ch vorzüglich­e Inszenieru­ng abgeliefer­t. Man kann sich bucklig lachen. Aber von wegen bester Humor! Das Textbuch strotzt vor hemmungslo­sem Blödsinn samt und Obszönität­en.

Die Handlung: Zwei Konstabler,

Billigeffe­kten einer dämlicher als der andere, sollen an Weihnachte­n einem Rentnerehe­paar die Nachricht vom vermeintli­chen tödlichen Autounfall der Tochter überbringe­n. Ein Missverstä­ndnis folgt aufs andere, die Einrichtun­g im Haus der Alten geht allmählich in die Brüche, ein netter junger Pastor wird ständig zu Boden geschlagen und auch mal in den Schrank gesteckt – halt das ganze Klamotten-programm. Eher ungewohnt ist die Figur der brutalen Emanze, die mit ihrer Gang angebliche­n Pädophilen auf der Spur ist und nicht davor zurückschr­eckt, den ihr verdächtig­en Konstabler­n heftig in den Schritt zu fassen.

Es ist wie so oft: Einem fragwürdig­en Stück wird von einem Klasseregi­sseur aufgeholfe­n, die Inszenieru­ng gewinnt das Prädikat „sehenswert“durch exzellente Schauspiel­er. Im vorliegend­en Fall sind das vor allem Ingrid Cannonier als demente, aber laszive ältere Dame, das Polizisten-duo Ulrich Kielhorn und Sascha Römisch in Dick- und Doofmanier sowie Wolfgang Jaroschka, Sarah Horak, Peter Polgar und Sarah Schulze-tenberge. Dem bestens aufbereite­ten Schwachsin­n wurde heftig applaudier­t.

ONächste Aufführung­en und 30. Dezember

2., 9., 29.

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Foto: Jochen Klenk/ti Der Pastor und zwei Polizisten als Hiobsboten: (von links) Peter Polgar, Ulrich Kielhorn und Sascha Römisch in „Frohes Fest“.

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