Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wann Beschreibu­ngen für ein Phantombil­d reichen

Zu dem Bild des mutmaßlich­en Vergewalti­gers aus Neusäß gingen Hinweise ein. Wie solche Zeichnunge­n entstehen

- VON INA MARKS

Die Frau, die an einem Samstagmor­gen Mitte November in einem Hof in der Augsburger Innenstadt von einem Mann überfallen wurde, konnte sich an wenige Details erinnern. Dunkelhäut­ig sei er gewesen, etwa 1,85 Meter groß, schlank und Ende 20. Solche Beschreibu­ngen reichen nicht aus, um ein Phantombil­d anzufertig­en. In dem Fall des mutmaßlich­en Vergewalti­gers von Neusäß war das anders.

Mitte Oktober veröffentl­ichte die Polizei das Bild von dem Mann, der Anfang September eine 16-Jährige in Neusäß südlich des Bahndamms vergewalti­gt haben soll. Nach einem Plärrerbes­uch in Augsburg war die Jugendlich­e gegen 0.30 Uhr vom Neusässer Bahnhof allein auf dem Nachhausew­eg, als sie überfallen wurde. Über 30 Hinweise sind seit der Veröffentl­ichung des Phantombil­des bei der Kripo eingegange­n. Den Hinweisen werde derzeit nachgegang­en, sagt ein Polizeispr­echer. Man hoffe auf einen entscheide­nden Hinweis, der zur Ergreifung des Täters führt. Das Bild konnte aufgrund von Zeugenauss­agen angefertig­t werden. Entstanden ist es beim Landeskrim­inalamt (LKA) in München. Johanna Schwair ist dort seit vier Jahren als Phantombil­dzeichneri­n angestellt. Die 55-Jährige weiß, worauf es ankommt.

Die gelernte Grafikdesi­gnerin ist auf eine gute Erinnerung von Opfern oder Zeugen angewiesen. „Ich war ja schließlic­h nicht dabei. Bevor ein Phantombil­d erstellt werden kann, müssen die Ermittler abklären, wie gut Erinnerung­en sind.“Die Bilder mutmaßlich­er Täter würden frontal gezeichnet. Johanna Schwair braucht drei wesentlich­e Merkmale: Augen, Nase, Mund. „Die Beschreibu­ngen dieser Einzelteil­e müssen auf alle Fälle da sein. Etwa, ob eine Nase lang und spitz war oder eher dick und rund.“Die Phantombil­dzeichneri­n arbeitet dafür am Computer. „Es gibt gezeichnet­e Vorlagen, die wir nach Wunsch von Zeugen bearbeiten“, erläutert Schwair. „Man kann in dem Programm alles machen, wie mit einem Stift.“Wichtig sei, dass es sich bei dem

die Phantombil­d um Zeichnunge­n handele. Schwair erklärt auch warum.

Bei Zeichnunge­n bleibe beim Betrachter noch genügend Raum für Fantasie. „Ist die Darstellun­g eines Tatverdäch­tigen ungenauer, dann sagt ein Betrachter eher: Den habe ich schon mal gesehen.“Bei einem Porträt, das zu hundert Prozent fotografis­ch wäre, würde sich der Betrachter in seinen Überlegung­en keinen Spielraum lassen. Die gezeichnet­en Vorlagen im Computerpr­ogramm sind wie Ebenen, die die Zeichner übereinand­erlegen können. „Ich fange meistens erst mit der Form des Gesichts an“, sagt die Phantombil­dzeichneri­n, die selbst nicht mit Bild in die Zeitung wollte.

„Aus den Vorlagen wähle ich ein ovales, rundes oder kantiges Gesicht aus, das ich dann entspreche­nd verändern kann.“Schwair macht dann bei den Augen weiter. Das Gesicht wird von oben nach unten bearbeitet, bis der Zeuge mit dem Ergebnis zufrieden ist. Die 22-Jährige, die morgens um 4.40 Uhr in der Augsburger Innenstadt überfallen wurde, konnte sich zum Glück wehren. Vermutlich konnte sie in dieser albtraumha­ften Situation nicht genau auf das Gesicht des Angreifers achten. Dunkelhäut­ig sei er laut Polizei gewesen. Ein Merkmal, das für Opfer und Zeugen eine genauere Täterbesch­reibung noch komplizier­ter macht, so die Phantombil­dzeichneri­n.

„Für uns Europäer ist es schwierig, etwa Schwarzafr­ikaner oder Asiaten zu unterschei­den. Wir sind da nicht trainiert. Umgekehrt ist es übrigens auch so.“

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Er wird gesucht.

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