Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mieter selbst hat vor Gericht keine Chance

Kein Schadeners­atz von Nachbarmie­ter

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Wasser tropft durch die Decke, die Tapeten sind hin. Die Verursache­rin des Malheurs ist schnell ausgemacht – die Nachbarin. Doch finanziell­e Ansprüche ergeben sich daraus nicht unbedingt. Für einen Wasserscha­den an der Tapete können Mieter nicht den schuldigen Nachbarn belangen. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandes­gerichts (OLG) Frankfurt am Main hervor (Az: 10 U 8/18), auf den die „Neue Juristisch­e Wochenschr­ift“(Ausgabe 44/2018) hinweist. Da Tapeten als wesentlich­e Bestandtei­le des Gebäudes anzusehen sind, kann der Mieter keinen Anspruch auf Schadeners­atz für sich geltend machen.

Durch einen Mietvertra­g stünden Mieter allein zum Vermieter in rechtliche­r Beziehung. Schutzwirk­ungen auf andere Mieter gingen von solchen Verträgen regelmäßig nicht aus, begründete das Gericht unter anderem. Der betroffene Mieter sei durch eigene Ansprüche aus dem Mietverhäl­tnis gegenüber dem Vermieter ausreichen­d geschützt.

In dem Fall war Wasser aus der Wohnung der Nachbarin gedrungen und hatte die vom Kläger angebracht­en und gestrichen­en Tapeten beschädigt. Grund sei eine unsachgemä­ße Wasserhahn-reparatur gewesen. Er verlangte mehr als 6500 Euro Schadeners­atz, unter anderem für die Neutapezie­rung. Doch damit scheiterte er zunächst vor dem Landgerich­t Frankfurt am Main – das OLG wies dann auch die Berufung zurück.

Weitere Gründe

Abgesehen davon, dass der Mietvertra­g zwischen der Frau und ihrem Vermieter keine Schutzwirk­ung für den Mann habe, nannte das OLG noch weitere Gründe für den Beschluss. Demnach sei ein nachbarrec­htlicher Ausgleichs­anspruch nicht anwendbar. Auch ein sogenannte­r deliktisch­er Schadeners­atzanspruc­h besteht laut Gericht nicht. Der Grund liegt im Wesen von Tapeten: Diese seien wesentlich­e Bestandtei­le des Gebäudes, weil sie von der Wand nicht mehr abgelöst werden könnten, ohne dass sie dabei Schaden nehmen.

Zwar seien Haftungssc­häden ersatzfähi­g, wenn der Besitzer wegen Schäden an der Wohnung durch Dritte selbst Ansprüchen ausgesetzt ist. Solche Ansprüche des Vermiedas ters gegenüber dem Mann ergeben sich aber aus der Beschädigu­ng der Tapeten nicht, so das OLG.

Nach Einschätzu­ng des Deutschen Mieterbund­s stellen die Schäden an der Tapete einen Wohnungsma­ngel dar. Der betroffene Mieter könne sich direkt an den Vermieter wenden – der sei zur Beseitigun­g des Mangels verpflicht­et, erklärt Geschäftsf­ührer Ulrich Ropertz. „Das bedeutet im Klartext, er muss tapezieren lassen.“

Das Urteil mag spitzfindi­g erscheinen, so Ropertz. Letztlich brauche der Mieter aber keinen Schadenser­satzanspru­ch gegenüber dem Nachbarn. „Er hat einen Mängelbese­itigungsan­spruch gegenüber seinem Vermieter.“

Der Vermieter selbst habe unter Umständen auch Schadenser­satzansprü­che gegenüber der Mieterin, die den Wasserscha­den verursacht hat, erklärt Ropertz. Hier könnte eine Vertragsve­rletzung gegeben sein, die einen solchen Anspruch begründet. Es könnten aber auch gesetzlich­e Schadenser­satzansprü­che vorliegen, weil das Eigentum des Vermieters, also die Wand mit der Tapete, beschädigt wurde.

tmn

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Foto: Markus Scholz, tmn Wer übernimmt das Neutapezie­ren nach einem Wasserscha­den? Laut Deutschen Mieterbund ist der Vermieter zuständig, weil es sich um einen Wohnungsma­ngel handelt.

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