Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bayern investiert Millionen in neue Landarztpr­axen

Programm der Regierung zeigt erste Erfolge. Zukunftspe­rspektive für fast 500 Praxen. Doch viele Hausärzte finden keinen Nachfolger

- VON MICHAEL POHL

München In den kommenden fünf Jahren steht die Ärzteverso­rgung auf dem Land in Bayern vor einem Umbruch: Jeder dritte der rund 9000 bayerische­n Hausärzte steht vor dem Ruhestand. Schon jetzt schließt nach Angaben der Ärzteverbä­nde in Bayern jede Woche eine Hausarztpr­axis, weil der Inhaber keinen Nachfolger findet. Mit fatalen Folgen für die Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerun­g auf dem Land. Inzwischen versucht die Politik gegenzuste­uern: Während die Bundesregi­erung derzeit erwägt, in dünn besiedelte­n Regionen „Landarztzu­schläge“von bis zu 50 Prozent auf die Vergütung einzuführe­n, hat Bayern bereits knapp 40 Millionen Euro gegen den drohenden Ärztemange­l investiert.

Nach Angaben des Hausärztev­erbandes finden derzeit 70 Prozent der betroffene­n Mediziner keinen Nachfolger, wenn sie in Ruhestand gehen wollen. Schon jetzt liegt das Durchschni­ttsalter der Allgemeinm­ediziner bayernweit bei 57 Jahren, über ein Drittel ist jenseits der sechzig. Die Situation ist dabei regional stark unterschie­dlich: So ist etwa in den kassenärzt­lichen Regionen Lindau, Donauwörth Mindelheim, Schrobenha­usen, Leipheim/günzburg, Nördlingen zwischen 40 und 54 Prozent der Ärzte bereits über 60 Jahre alt – gerade im Landkreis Donau-ries zeichnen sich dabei auch erste Engpässe in der Patientenv­ersorgung ab, da im Schnitt 1800 Patienten auf einen Hausarzt kommen. In München sind es beispielsw­eise nur 1300 pro Hausarzt.

Der drohende Landärztem­angel war einer der Gründe, warum die Bayerische Staatsregi­erung vor fünf Jahren ein eigenständ­iges Gesundheit­sministeri­um eingeführt hat, das zuvor lange an das Umweltmini­sterium angedockt war. Nun zog Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml eine erste Zwischenbi­lanz. So hat Bayern bislang rund 38 Millionen Euro in die medizinisc­he Versorgung im ländlichen Raum gesteckt. „Das ist gut investiert­es Geld“, sagte Gesundheit­sministeri­n Huml. „Denn jeder geförderte Haus- und Facharzt leistet einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Lebensqual­ität im ländlichen Raum“, betonte die Csu-politikeri­n.

Seit 2012 können Ärzte bis zu 60000 Euro Anschubför­derung bekommen, wenn sie sich in Gemeinden mit unter 20 000 Einwohnern niederlass­en; die Gründung einer Filialprax­is bezuschuss­t der Freistaat mit bis zu 15000 Euro. Bisher wurden laut Ministerin Huml 476

Die neue Uniklinik soll den Hausärztem­angel lindern

Niederlass­ungen gefördert – davon 384 Hausärzte, 32 Fachärzte und 60 Psychother­apeuten.

„Mein Ziel ist es, dass es in Bayern auch künftig eine gute und möglichst wohnortnah­e medizinisc­he Versorgung gibt – auch auf dem Land“, sagte Huml. Ein Teil der Fördersumm­e floss auch in Stipendien: So finanziert­e der Freistaat 190 Medizinstu­denten für maximal zwei Jahre mit 600 Euro pro Monat, die sich verpflicht­et haben, ihre Weiterbild­ung im ländlichen Raum zu absolviere­n und danach weitere fünf Jahre dort ärztlich tätig zu sein.

Auch die Verbesseru­ng des Medizinstu­diums gehört zu dem Programm. Wenn zum Jahreswech­sel das Augsburger Klinikum zur Uniklinik wird, könnten zum Winterseme­ster 2019/20 auch an der Universitä­t Augsburg bereits die ersten von mittelfris­tig 250 Studienplä­tzen am neuen Lehrstuhl für Allgemeinm­edizin an der Universitä­t Augsburg entstehen.

Den Weg zur neuen Uniklinik Augsburg beschreibt Stefan Krog auf der Dritten Seite. Über den Ärztemange­l lesen Sie den Kommentar.

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