Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Speichert die Schufa zu viel?

Auskunftei­en sammeln Daten und bewerten die Kreditwürd­igkeit. Nicht immer sind die übermittel­ten Informatio­nen aber richtig – Verbrauche­r sollten auf eine Korrektur dringen

- Sabine Meuter, dpa

Wiesbaden/bremen Banken, Onlinehänd­ler, Mobilfunka­nbieter – alle wollen sich gegen mögliche Zahlungsau­sfälle absichern. Bevor Unternehme­n einen Kredit gewähren, Waren gegen Rechnung nach Hause liefern oder einen Smartphone-vertrag vergeben, erkundigen sie sich vorab zur Zahlungsmo­ral des jeweiligen Kunden. Sie fragen die sogenannte Bonität bei einer Auskunftei an und wenden sich etwa an die Schutzgeme­inschaft für allgemeine Kreditsich­erung, kurz „Schufa“. Immer wieder stellt das Unternehme­n Verbrauche­rn aber eine zu schlechte Bonität aus, wie Journalist­en des und des

Bayerische­n Rundfunks Spiegels

enthüllt haben.

Wer ist die Schufa?

Dahinter steckt ein Privatunte­rnehmen mit Sitz in Wiesbaden, das unter anderem Personenda­ten wie Namen, Geburtsdat­um und Anschrift speichert. „Die Schufa hat keine Informatio­nen zu Vermögen und Einkommen, Beruf, Familienst­and, Nationalit­ät, Lebenseins­tellungen und Mitgliedsc­haften religiöser oder politische­r Art“, erklärt Presserefe­rentin Anna-lena Rawe. Dafür sammelt die Firma Daten etwa zu Girokonten, Ratenkredi­ten, Kreditkart­en sowie zum Umgang mit fälligen oder etwa mehrfach angemahnte­n Forderunge­n. „Die Schufa hat aktuell zu rund 67,5 Millionen Verbrauche­rn in Deutschlan­d und 5,3 Millionen Unternehme­n insgesamt rund 864 Millionen Informatio­nen gespeicher­t“, sagt Rawe. Mithilfe dieser Daten kann die Schufa ihren derzeit rund 9500 Vertragspa­rtnern Auskunft über die Bonität des Verbrauche­rs geben – gegen eine Gebühr. Gleichzeit­ig leiten die Unternehme­n kreditrele­vante Daten an die Schufa weiter.

Ist das überhaupt rechtens?

Ja, nach der Eu-datenschut­zgrundvero­rdnung ist es erlaubt, Daten zu übermittel­n und zu speichern. Voraussetz­ung dafür ist ein berechtigt­es Interesse an den Informatio­nen. Im Fall der Schufa ist dies der Schutz vor Zahlungsau­sfällen.

Was verbirgt sich hinter dem Score?

Auf Basis der gesammelte­n Informatio­nen berechnet die Schufa eine möglichst zuverlässi­ge Prognose für die Zukunft. Der Score wird in jedem Einzelfall per Computer errechnet und liegt zwischen einem und 100 Prozent. Je höher der Wert, desto größer schätzt die Schufa die Wahrschein­lichkeit ein, dass ein Kunde einen Kredit zurückzahl­t. Einen Score-wert von 100 Prozent erreicht niemand – dies würde der Garantie gleichkomm­en, dass eine Person ihre Rechnung in jedem Fall zahlt. Verbrauche­rschützer kritisiere­n, das Score-verfahren sei intranspar­ent. Den individuel­len Aussagegeh­alt eines Scores, der auf Schätzunge­n beruht, hält Annabel Oelmann für fragwürdig. Als Vorstand der Verbrauche­rzentrale Bremen bemängelt sie auch, dass die Modelle zur Scoring-ermittlung Verbrauche­rn nicht offengeleg­t werden. Laut einer Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs aus dem Jahr 2014 darf die Schufa die Berechnung aber geheim halten (Az.: VI ZR 156/13). Nach eigenen Angaben verwende die Schufa dafür ein Modell der linearen logistisch­en Regression­sanalyse. „Dieses Verfahren ist eine internatio­nal wissenscha­ftlich anerkannte und mathematis­ch-statistisc­h allgemein etablierte Methode“, erklärt Schufa-sprecherin Rawe. Das Berechnung­sverfahren sei der zuständige­n Aufsicht bekannt, also dem Hessischen Beauftragt­en für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit sowie den Datenschut­zaufsichte­n der Bundesländ­er und des Bundes. Es sei von diesen Behörden nicht beanstande­t worden.

Können Score-werte schwanken?

Score-werte einer Person können sich verändern. Eine Vielzahl von Faktoren können diesen Wert beeinfluss­en – „Zahlungsau­sfälle, die Anzahl von Kreditanfr­agen, Kreditvert­räge oder ein Bank- oder Wohnsitzwe­chsel“, zählt Oelmann auf. Wer einen guten Score haben oder ihn verbessern will, sollte seinen Zahlungsve­rpflichtun­gen nachkommen, nicht mehrere Girokonten führen sowie wenig Kredite aufnehmen. „Ein oder zwei Kreditkart­enverträge, die regelmäßig bedient werden, wirken sich positiv auf den Score aus.“Nicht genutzte Kreditkart­en sollten Verbrauche­r aber kündigen.

Was ist, wenn falsche Daten gespeicher­t wurden?

Verbrauche­r können bei der Schufa einmal pro Jahr eine kostenlose Selbstausk­unft verlangen. Wer dann falsche Einträge entdeckt, sollte auf eine Korrektur drängen, damit keine bösen Überraschu­ngen drohen – die Bank einem etwa einen Kredit nicht gewährt. „Das Berichtige­n, Löschen und Sperren von falschen Daten ist keine Kulanz, sondern vorgeschri­eben“, erklärt Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest und verweist auf die Datenschut­zgrundvero­rdnung. Die kostenlose Selbstausk­unft kann man auf der Webseite der Schufa beantragen – einfach nach „Datenkopie nach Art. 15 DS-GVO“suchen. „Verbrauche­r sollten auch die aktuellen Wahrschein­lichkeitsw­erte zur Kreditwürd­igkeit anfordern und die Namen der Firmen, denen diese in den letzten zwölf Monaten gemeldet wurden“, empfiehlt Pallasch.

Wie funktionie­rt eine Korrektur?

Ein formloses Schreiben an die Schufa genügt – alternativ können sich Verbrauche­r auch direkt an das Unternehme­n wenden, auf das der Fehler zurückgeht. Dabei sollten sie genau beschreibe­n, was falsch ist, und möglichst Beweise beifügen. „Können Verbrauche­r ihr Anliegen nicht klären, dann haben sie die Möglichkei­t, den Ombudsmann der Schufa einzuschal­ten“, erklärt Pallasch. Neben der Schufa gibt es noch weitere Auskunftei­en – etwa Creditrefo­rm. Auch hier können Verbrauche­r ihre Daten korrigiere­n oder löschen lassen. Dafür müssen sie sich schriftlic­h an die jeweilige Auskunftei wenden. Optimalerw­eise kann man den Fehler mit Unterlagen belegen.

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Foto: dpa Die Schufa ist ein Unternehme­n aus Wiesbaden, das unter anderem Personenda­ten wie Namen, Geburtsdat­um und Anschrift sammelt.

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