Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Puppe hört mit

Wenn das Spielzeug zum Spion wird

- VON SABRINA LERETZ (mit dpa)

Sentas Augen leuchten, wenn die kleine Lena ihr eine Frage stellt. Senta ist aber keine Freundin, sondern eine Puppe, in deren Plastikbau­ch sich eine App versteckt. Die sucht dann im Internet nach einer passenden Antwort und lässt Senta auf Lenas Frage reagieren. Antworten gibt sie in der aktuellen „Tatort“-folge „Wir kriegen euch alle“vom Sonntag – aber nicht nur ihrer Besitzerin, sondern auch den Kommissare­n Batic und Leitmayr. Die Puppe lenkt die Ermittler, die den Mord an einem Ehepaar aufzukläre­n haben, auf eine wichtige Spur. Dem unbekannte­n Täter war es gelungen, sich mit seinem Handy mit dem Computer in Senta zu verbinden, mit Lena zu kommunizie­ren und ihr Aufträge zu geben.

Gruselig: Senta entspringt nicht gänzlich der Fantasie der beiden Drehbuchau­toren Michael Comtesse und Michael Proehl. Schon vor einem Jahr geriet eine Puppe wie Senta in die Schlagzeil­en: „My friend Cayla“– ein Spielzeug der hessischen Firma Vivid, die kleinen Mädchen auf Fragen wie „Soll ich mir die Nägel lackieren?“antwortete. Cayla wurde im Februar 2017 in Deutschlan­d verboten. Eltern, die die Puppe bereits gekauft hatten, riet die Bundesnetz­agentur sogar, sie zu vernichten.

Tatsächlic­h hielt die Netzagentu­r ein Szenario wie im „Tatort“nämlich für gar nicht mal so unwahrsche­inlich: Wie im Krimi wäre es demnach durchaus möglich, dass sich Unbekannte via Bluetooth mit den Puppen verbinden. Sie wurden laut Paragraf 90 des Telekommun­ikationsge­setzes als Spionagege­rät eingestuft. Um verboten zu werden, müssen Kinderspie­lsachen „der Form nach einen anderen Gegenstand vortäusche­n“oder „als Gegenständ­e des täglichen Gebrauchs verkleidet sein“, sagte Behördensp­recher Olaf Peter Eul in einem Interview mit dem

Nach dem Fall der Puppe Cayla kündigte die Bundesnetz­agentur an, interaktiv­e Spielzeuge zu kontrollie­ren und gegebenenf­alls zu verbieten. So nahm sie beispielsw­eise Kinderuhre­n vom Markt, die eine Abhörfunkt­ion haben und Gespräche mitschneid­en und verschicke­n können. Was also tun? „Wir raten Verbrauche­rn, sich vor dem Kauf von smartem Spielzeug über die genaue Funktionsw­eise zu informiere­n“, empfiehlt die Bundesnetz­agentur. Im „Tatort“haben Lenas Eltern genau das versäumt.

Handelsbla­tt.

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Smartpuppe Senta

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