Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Sind die Sanktionen zumutbar?
Hartz IV: Karlsruhe entscheidet erst später
Karlsruhe Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag in Karlsruhe darüber verhandelt, ob Jobcenter das Arbeitslosengeld II kürzen dürfen. Es geht um die Frage, ob Sanktionen gegen Hartz-iv-bezieher gegen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen. Geprüft wird zudem, ob die Strafmaßnahmen der Jobcenter die Berufsfreiheit verletzen. Eine Entscheidung wird erst in einigen Monaten erwartet.
Das Sozialgericht Gotha hatte den Fall eines Lageristen vorgelegt, der einen Lagerjob ablehnte. Daraufhin wurde ihm Hartz IV zunächst um 30 und später um 60 Prozent gestrichen. Das Bundesverfassungsgericht werde prüfen, ob die Sanktionen grundgesetzlich zulässig seien, sagte der neue Vizepräsident des Gerichts, Stephan Harbarth, in seiner ersten Verhandlung. Es gehe darum, ob die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele geeignet und zumutbar für die Betroffenen seien. Es gehe aber nicht um die Frage, ob das Sanktionssystem politisch sinnvoll sei. Das sei Sache des Gesetzgebers.
Für den Kläger sagte Rechtsanwältin Susanne Böhme, starre Sanktionen, die für drei Monate gelten, bewirkten keine Verhaltensänderung. Besonders Personen mit mehrfachen Vermittlungshindernissen seien von den Kürzungen betroffen. Häufig wirke sich das außerdem auf weitere Personen aus, mit denen der Empfänger zusammenlebt. Dies seien häufig Kinder.
Sozialminister Hubertus Heil (SPD) sagte, mit der Einführung der Regelungen im Jahr 2005 habe sich der Gesetzgeber für „aktivierende Hilfen“entschieden. Es solle „so viel Ermutigung geben wie möglich und so viel Ermahnung wie nötig“. Der Sozialstaat müsse Mittel haben, die Mitwirkung verbindlich einzufordern. Das Existenzminimum bleibe gesichert. „Zur Menschenwürde gehört auch, dass Menschen sich anstrengen“, sagte Heil. Sonst wäre das Arbeitslosengeld ein bedingungsloses Grundeinkommen. „Das will ich nicht“, sagte Heil.