Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Niedrigere Strafen nach Prügelatta­cke

Sechs Rumänen haben in Augsburg drei Opfer brutal zusammenge­schlagen. Sie müssen in Haft – allerdings weniger lang, als zunächst zu erwarten war

- VON JÖRG HEINZLE

Im Zuschauerr­aum fließen Tränen, nachdem das Urteil verkündet ist. Sechs rumänische Bauarbeite­r werden am Donnerstag von der Jugendkamm­er des Augsburger Landgerich­ts zu Haftstrafe­n zwischen drei und knapp fünf Jahren verurteilt. Sie waren an einer brutalen Prügelatta­cke im Augsburger Nachtleben beteiligt. Im Saal sitzen viele Angehörige der Angeklagte­n – mit offensicht­lich gemischten Gefühlen. Denn die Arbeiter aus Rumänien müssen nun zwar noch einige Zeit im Gefängnis absitzen. Allerdings sind die Strafen jetzt deutlich niedriger ausgefalle­n, als man zu Prozessbeg­inn vermuten konnte.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte sieben Rumänen wegen Mordversuc­hs angeklagt. Die Männer, so lautete der Vorwurf, hätten im Februar vorigen Jahres eine Gruppe von drei Passanten überrasche­nd und völlig grundlos attackiert und brutal zusammenge­schlagen und getreten. Sie seien frustriert gewesen über den Rauswurf aus einer Bar im Theatervie­rtel und hätten den Frust an den Passanten abreagiert. Am schwersten verletzt wurde ein zur Tatzeit 28-jähriger Augsburger.

Er erlitt unter anderem mehrere Brüche im Gesicht. Das Opfer berichtet als Zeuge vor Gericht, er sei am Boden gelegen und habe nur noch Tritte und Schläge gespürt. Er habe gedacht, er müsse sterben, sagte er vor Gericht.

Allerdings stellte sich im Prozess auch heraus, dass das Opfer doch kein Zufallsopf­er war. Der 28-Jährige hatte sich – vor der Attacke gegen ihn – schon in eine Auseinande­rsetzung zwischen den Rumänen und den Türstehern der Bar eingemisch­t. Das zeigten die Aufnahmen einer Überwachun­gskamera aus dem Eingangsbe­reich der Bar. Damit sei der Vorwurf vom Tisch, dass die Angeklagte­n die Opfer heimtückis­ch von hinten und völlig ohne Grund angegriffe­n hätten, sagt der Vorsitzend­e Richter Lenart Hoesch. Die Männer hätten zudem von alleine wieder aufgehört zu schlägern. Damit sei auch der Vorwurf eines versuchten Tötungsdel­ikts vom Tisch. Somit bleibe gefährlich­e Körperverl­etzung übrig – die aber angesichts der Heftigkeit der Attacke auch entspreche­nd streng bestraft werden müsse. Zugute kam den Angeklagte­n, dass sie ein Geständnis abgelegt hatten.

Bei fünf Angeklagte­n gab es einen sogenannte­n Deal zwischen Gericht, Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­rn. Im Falle eines Geständnis­ses wurden ihnen Strafen zwischen vier und fünf Jahren zugesagt – so, wie sie jetzt auch im Urteil stehen werden. Die verurteilt­en Männer zahlen den Opfern zudem ein Schmerzens­geld. Einer der angeklagte­n Rumänen wurde am Donnerstag freigespro­chen. Er kam bereits während des Prozesses aus der Untersuchu­ngshaft frei. Er war, wie die Videobilde­r zeigten, als Letzter aus der Bar gekommen, als die Schlägerei draußen schon lief. Dass er mitgemisch­t haben könnte, ließ sich nicht beweisen. Er selbst hatte seine Unschuld beteuert.

Rechtsanwa­lt Marco Müller vertritt einen der jetzt verurteilt­en Rumänen. Müller sagt, er halte die verhängten Strafen für relativ hoch. Das liege daran, dass die Anklage ursprüngli­ch auf versuchten Mord lautete. Sein Mandant werde das Ergebnis aber aller Voraussich­t nach akzeptiere­n.

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