Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Elfmal war er für den Oscar nominiert

- VON MARCUS GOLLING

Der mehrfach für den Oscar nominierte britische Schauspiel­er Albert Finney („Erin Brockovich“) ist tot. Ein Sprecher der Familie Finney erklärte, der 82-Jährige sei nach kurzer Krankheit und im Beisein seiner engsten Angehörige­n friedlich eingeschla­fen. Finney zählte mit seiner kräftigen Statur und nicht minder kräftigen Stimme in den 1960er Jahren zu den bekanntest­en Charakterd­arstellern Großbritan­niens. Der 1936 in Salford bei Manchester geborene Schauspiel­er wurde für den Abenteuerf­ilm „Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen“1964 erstmals für den Oscar als Bester Hauptdarst­eller nominiert. Später war er in „Scrooge“(1970) und „Mord im Orient-express“(1974) auf der Leinwand zu sehen. Für „Erin Brockovich – Eine wahre Geschichte“mit Julia Roberts (2000) erhielt er eine Oscarnomin­ierung als Bester Nebendarst­eller. Insgesamt wurde der Brite fünf Mal für einen Academy Award nominiert. Zuletzt war Finney 2012 in „James Bond 007 – Skyfall“sowie in dem Thriller „Das Bourne Vermächtni­s“zu sehen. Ulm „Kopf aus, Herz an“, rät der Schlagersä­nger Eloy auf seinem gleichnami­gen Album – und schaffte es so auf Platz drei in den deutschen Jahreschar­ts 2018. Der mysteriöse Fremde in Eduard Künnekes Operette „Der Vetter aus Dingsda“, offenbar kein Feminist, empfiehlt schon seit 1921: „Kindchen, du musst nicht so schrecklic­h viel denken! Küss mich, und alles wird gut.“Bloß nicht den Kopf zerbrechen, einfach nur fühlen. Das könnte auch eine Gebrauchsa­nweisung für dieses Stück sein, das nun im Großen Haus des Theaters Ulm Premiere hatte: unterhalts­am, musikalisc­h gelungen, optisch spektakulä­r, aber nicht ohne Längen.

Die Handlung dreht sich um Julia de Weert (Premierenb­esetzung: Therese Wincent), die man 1921 wohl einen Backfisch genannt hätte. Sie wartet, aufgemunte­rt von ihrer Freundin Hannchen (Maria Rosendorfs­ky), seit sieben Jahren auf die Rückkehr ihrer Kinderlieb­e Roderich. Der Vetter treibt sich im fernen Batavia herum, aber so genau weiß das niemand. Julias Vormund Josef Kuhbrot (Martin Gäbler) und seine Frau (Elke Kottmair) würden das Mädchen lieber mit ihrem Neffen verheirate­n. Doch der taucht nicht auf, dafür ein Fremder (Markus Francke), bei dem es sich um den verscholle­nen Romeo Roderich handeln scheint. Doch Julias ewiger Verehrer Egbert Shelterbel­t (Luke Sinclair) hat da seine Zweifel. Und dann erscheint noch ein weiterer Unbekannte­r (Joska Lehtinen).

„Der Vetter aus Dingsda“ist eine sentimenta­le Verwechslu­ngskomödie nach einfachste­m Strickmust­er, mit aus heutiger Sicht fragwürdig­en Geschlecht­er-stereotype­n und Löchern im Plot, groß wie die Krater auf dem Mond, den Julia jeden stellvertr­etend für ihren vermissten Roderich anschmacht­et (und der in Ulm als leuchtende Kugel circa über Reihe sechs im Zuschauerr­aum hängt). Eher was fürs Herz also. Regisseur Christian Poewe und sein Team – Olga von Wahl (Bühne) und Carl-christian Andresen (Kostüme) – geben alles, um die Probleme vergessen zu machen, freilich ohne tiefschürf­end zu werden. Stattdesse­n geben sie der Opezu rette eine knallige Fassade: Die Figuren turnen in grellen (Faschings-)outfits, mit Perücken und viel Theatersch­minke durch ein verschacht­eltes Bühnenbild, das wie ein im Lsd-rausch entworfene­s Architekte­nhaus wirkt: überall Türen und Klappen, nirgendwo gerade Böden und Wände. Ein Labyrinth, das nach der Pause effektvoll auseinande­rgerissen wird.

Das wirkliche Herz dieser Inszeabend

 ?? Foto: Martin Kaufhold ?? Die Bühne von „Der Vetter aus Dingsda“ist ein surrealer Parcours. Auf dem Bild: (von links) Maria Rosendorfs­ky, Girard Rhoden, Markus Francke, Therese Wincent, Elke Kottmair, Martin Gäbler und J. Emanuel Pichler.
Foto: Martin Kaufhold Die Bühne von „Der Vetter aus Dingsda“ist ein surrealer Parcours. Auf dem Bild: (von links) Maria Rosendorfs­ky, Girard Rhoden, Markus Francke, Therese Wincent, Elke Kottmair, Martin Gäbler und J. Emanuel Pichler.
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Albert Finney

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