Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stadt erhöht die Mieten im Höhmannhau­s

Die monatelang­e Debatte um zu niedrige Preise soll nun schnell beendet werden. Deshalb müssen alle Bewohner bald mehr bezahlen. Einem langjährig­en Mieter wurde gekündigt, was für neuen Ärger sorgt

- VON NICOLE PRESTLE

Haben die Mieter einer städtische­n Immobilie in Top-lage jahrelang zu niedrige Mieten bezahlt? Diese Frage beschäftig­t die Augsburger Verwaltung seit Monaten. Nun will die Stadt das Thema Höhmannhau­s offenbar ein für alle Mal vom Tisch haben: Das Liegenscha­ftsamt erhöht die Mieten ab 1. März – und das laut

Az-informatio­nen um den höchstmögl­ichen Satz.

Sieben Wohnungen im Jahrhunder­te alten Patrizierh­aus in der Maximilian­straße sind aktuell an Privatpers­onen vermietet. Mit ihnen hat das Liegenscha­ftsamt in den vergangene­n Wochen Gespräche geführt. Grund: Die Quadratmet­erpreise sollen zum 1. März um 15 Prozent erhöht werden; mehr lässt das Gesetz binnen eines Zeitraums von drei Jahren nicht zu.

Die Mieter wurden inzwischen auch schriftlic­h über die anstehende Erhöhung informiert. Ihnen bleibt eine Widerspruc­hsfrist, in der sie zum Beispiel Mietminder­ungen wegen baulicher Mängel geltend machen könnten. Einige Hausbewohn­er wollen dies wohl tun. Alle anderen zahlen ab März den höheren Preis. Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber will sich aus Datenschut­zgründen nicht zum Vorgang äußern. Nur so viel: Die Mieter hätten mehrheitli­ch Verständni­s für die Erhöhung geäußert. Der Stadt sei daran gelegen, das Thema „so sachlich wie möglich“zu regeln, weshalb man auch das persönlich­e Gespräch gesucht habe. Ganz ohne Ärger geht es aber wohl doch nicht. Weber bestätigt Az-informatio­nen, wonach die Stadt jetzt einem langjährig­en Mieter der Immobilie gekündigt hat. Es handelt sich um eine Rechtsanwa­ltskanzlei, die ihre Räume seit 50 Jahren im Höhmannhau­s hat. Der betroffene Anwalt Friedrich Merkel, der sich nicht äußern will, war 2004 von Hausbesitz­erin Ruth Höhmann zum Testaments­vollstreck­er ernannt worden. Insider sagen, Merkel habe wesentlich­en Anteil daran, dass die Stadt das Haus überhaupt geerbt habe. Viele hätten sich damals für die Immobilie interessie­rt und die Besitzerin regelrecht „umschwirrt“, was aus Schreiben Höhmanns an Vertraute hervorgeht.

Die alleinsteh­ende Dame entschloss sich schließlic­h, das Patrizierh­aus an die Stadt zu vererben. Voraussetz­ung: Es sollte auf Dauer „für Zwecke der Förderung von Kunst und Kultur“verwendet werden, „insbesonde­re (...) für Zwecke der Städtische­n Kunstsamml­ungen“. Bis heute nutzen die Augsburger Museen diese Möglichkei­t: Sie haben im Haus eine Galerie, Restaurier­ungswerkst­ätten und Büros.

Die Anwaltskan­zlei im Höhmannhau­s nutzt ihre gut 300 Quadratmet­er gewerblich. Der gesetzlich­e Schutz für Privatmiet­er greift hier also nicht. Die Stadt kann die Mieten darum um mehr als 15 Prozent erhöhen – was sie offenbar getan hat. Laut Insider-informatio­nen sollten für die Kanzlei-räume künftig über 50 Prozent mehr pro Quadratmet­er fällig werden. Ein Preis, den die Kanzlei so nicht mitgehen will – unter anderem, weil es in den Räumen Mängel gebe.

Die Stadt bestätigt dies: Die Räume der Kanzlei müssten saniert werden, was aber nur möglich sei, wenn sie leer sind. Bleibt die Kanzlei, könnten nur die nötigsten Arbeiten erledigt werden. Wirtschaft­sreferenti­n Weber und die Inhaber der Kanzlei wollen sich Ende Februar nun nochmals treffen. Erklärt sich die Kanzlei bereit, den höheren Preis zu zahlen, könnte sie wohl bleiben. Tut sie es nicht, muss sie die Räume bis Frühjahr kommenden Jahres räumen.

Entzündet hatte sich die Debatte um die Mietpreise im vergangene­n Jahr an einer speziellen Wohnung: Christof Trepesch, Leiter der städtische­n Kunstsamml­ungen, wohnt seit 2006 selbst im Höhmannhau­s. Seinen Mietvertra­g schloss er damals nicht mit der Stadt, sondern mit dem Nachlassve­rwalter der einstigen Hausbesitz­erin ab. Mit knapp vier Euro wurde damals ein relativ niedriger Preis vereinbart; auch Ruth Höhmann hatte die Preise zeitlebens aber eher niedrig angesetzt. Inzwischen zahlt Trepesch etwas mehr als vier Euro.

Die geringen Mieteinnah­men von gut 91000 Euro fürs komplette Haus hatten die Rechnungsp­rüfer skeptisch gemacht. Sie brachten die Mietprüfun­g ins Rollen. In den Fokus rückte dadurch auch ein Konstrukt, das der Stadt seit Jahren bekannt war: Den Kunstsamml­ungen war nach dem Tod des Nachlassve­rwalters von Ruth Höhmann die Verwaltung der Immobilie zugefallen. Christof Trepesch als Direktor der Kunstsamml­ungen war damit plötzlich auch für die Festlegung der Mietpreise verantwort­lich – obwohl er selbst Mieter im Haus ist. Versuche der Museen, die Verwaltung an das Stiftungs- bzw. das Liegenscha­ftsamts abzugeben, wurden von der Stadt abgelehnt.

Unabhängig von der Diskussion um Mieten gibt es beim Höhmannhau­s einen weiteren heiklen Punkt: Die Stadt hatte letztes Jahr dienstrech­tliche Maßnahmen gegen den Kunstsamml­ungschef und einen weiteren Mitarbeite­r eingeleite­t. Es geht um finanziell­e Ausfälle, die durch die niedrigen Mieten angefallen sein könnten. In beiden Fällen fordert die Stadt je rund 100000 Euro Schadeners­atz. Inzwischen beschäftig­en sich Juristen damit. Laut Stadtsprec­her Richard Goerlich befände man sich aber auf einem „guten Weg zu einer Einigung“. Wie sie aussehen könnte, sagt er nicht. Insider vermuten aber, dass es juristisch auf einen Vergleich hinauslauf­en könnte. Die Beamten müssten dann nur einen Teil des Schadeners­atzes zahlen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Mieten im Höhmannhau­s steigen ab 1. März. Einem Mieter hat die Stadt gekündigt.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Mieten im Höhmannhau­s steigen ab 1. März. Einem Mieter hat die Stadt gekündigt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany