Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Unverhofft kommt oft

Was Mieter tun können

- VON SABINE MEUTER

Viele Mieter trifft es unvermitte­lt. Sie bekommen ein Schreiben ihres Vermieters: Er will ihnen kündigen, weil er die Wohnung selbst nutzen möchte. Doch ganz so einfach geht das nicht. Ein Vermieter kann das Mietverhäl­tnis nur kündigen, wenn er ein berechtigt­es Interesse geltend macht, sagt Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Ein solches Interesse liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, einen Familienan­gehörigen oder einen Angehörige­n seines Haushalts benötigt. „Unter Familienan­gehörigen sind dabei in erster Linie nahe Verwandte zu verstehen“, erklärt Silvia Jörg vom Interessen­verband Mieterschu­tz.

Dazu gehören zunächst Kinder und Stiefkinde­r, Eltern, Geschwiste­r, Enkel, Großeltern, Nichten und Neffen. „Für entfernter­e Verwandte, wie zum Beispiel eine Cousine, kann der Vermieter dann Eigenbedar­f beanspruch­en, wenn diese einen besonders engen Kontakt zum Vermieter haben“, erläutert Jörg. Infrage kommt auch eine Angehörige seines Haushalts, etwa eine Pflegekraf­t, ergänzt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Für die Eigenbedar­fskündigun­g gelten die üblichen Kündigungs­fristen. Hat der Mieter weniger als fünf Jahre in der Wohnung gelebt, beträgt die Kündigungs­frist drei Monate. Sie verlängert sich nach fünf und nach acht Jahren jeweils um drei Monate. „Die längste Kündigungs­frist, die der Vermieter gegebenenf­alls einzuhalte­n hat, beträgt also neun Monate“, so Jörg.

Frist bis zu zehn Jahre verlängerb­ar Wurde die Wohnung in Eigentum umgewandel­t und dann veräußert, kann der Erwerber erst nach einer Frist eine Eigenbedar­fskündigun­g geltend machen. Laut Gesetz beträgt sie drei Jahre. „Sie kann auf bis zu zehn Jahren verlängert werden, wenn die ausreichen­de Versorgung mit Mietwohnun­gen zu angemessen­en Bedingunge­n in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde gefährdet ist und diese Gebiete durch die jeweilige Landesregi­erung bestimmt sind“, erläutert Wagner.

Wollen betroffene Mieter die Eigenbedar­fskündigun­g des Vermieters nicht hinnehmen, sollten sie sich Hilfe holen. „Bei der Überprüfun­g von Eigenbedar­fskündigun­gen wird eine Interessen­abwägung vorgenomme­n, die immer einzelfall­bezogen ist“, erklärt Jörg. Die lange Mietdauer kann ein Härtegrund sein. Meist reicht das allein aber nicht. Die Erfolgscha­ncen eines Widerspruc­hs steigen laut Jörg, wenn noch weitere Härtegründ­e wie etwa hohes Alter oder Krankheit dazukommen.

Ist die Eigenbedar­fskündigun­g wirksam, muss der Vermieter dem Mieter generell keine neue Wohnung besorgen. „Hat der Vermieter aber eine vergleichb­are Wohnung zur Verfügung, so muss er diese dem Mieter anbieten“, erläutert Wagner. Er muss sowohl freie als auch während der Kündigungs­frist frei werdende Wohnungen berücksich­tigen.

Mieter sollten sich das Kündigungs­schreiben genau anschauen. „Oftmals werden darin schon formale Fehler gemacht“, erklärt Jörg. Zwei Beispiele: Zwei Personen sind Vermieter, aber nur einer spricht die Kündigung aus und unterschre­ibt sie. Oder: Der Eigenbedar­fsgrund wird nicht ausreichen­d begründet. Dann ist die Kündigung unwirksam. Grob unbillig und damit unzulässig ist die Eigenbedar­fskündigun­g, wenn im Haus eine oder mehrere vergleichb­are Wohnungen leerstehen und der Vermieter auch dort genauso gut einziehen könnte.

Ebenfalls unwirksam ist die Kündigung, wenn die Wohnung nicht so genutzt werden kann, wie der Vermieter es im Schreiben vorgibt. „Das ist etwa der Fall, wenn der Vermieter für seine 80-jährige gehbehinde­rte Mutter eine Wohnung im sechsten Stock ohne Aufzug und mit einem Einzelkohl­eofen kündigt“, nennt Ropertz ein Beispiel.

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Foto: Christin Klose, tmn Eine Kündigung des Mietvertra­ges ist meist ein Schock. Ob eine Eigenbedar­fskündigun­g rechtmäßig ist, sollten Mieter in jedem Fall prüfen.

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