Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So gelingt die Bewerbung für den Wunschberu­f

Was ist wichtiger? Das Anschreibe­n, das Gespräch, die Krawatte um den Hals? Auf der Messe „Fitforjob“erklärten Firmen aus unserer Region, wie sie sich die ideale Bewerbung vorstellen und worauf Chefs wirklich achten

- VON PHILIPP WEHRMANN

Augsburg Unzählige junge Menschen strömen durch die Gänge zwischen den Ständen auf der Ausbildung­smesse „Fitforjob“in Augsburg. 190 Unternehme­n präsentier­ten am Samstag mehr als 200 Berufe – und die Besucher, hauptsächl­ich Schüler, lassen sich beraten. Eine von ihnen ist Franziska. Sie besucht die neunte Klasse einer Realschule im Landkreis Augsburg und macht kommendes Jahr ihren Abschluss. Danach möchte sie eine Ausbildung beginnen, die mit Ernährung zu tun haben soll. Um herauszufi­nden, welche, ist sie an diesem Tag zur Messe gekommen. Schon diesen Sommer, spätestens im Winter jedoch, muss sie Bewerbunge­n verschicke­n. Eines wird sie auf jeden Fall im Anschreibe­n erwähnen: Dass sie in ihrer Freizeit am liebsten kocht und backt – deshalb soll auch ihr Beruf damit zu tun haben.

Das erleichter­t ihr die Bewerbung. Denn die Motivation, wieso es gerade der gewählte Ausbildung­sberuf sein soll, gehört in jedes Anschreibe­n, sagt Claudia Eberschube­rth. Sie ist Berufsbera­terin in der Agentur für Arbeit Augsburg und begutachte­t auf der Messe Unterlagen von Schülern, die ihre Bewerbunge­n von ihr überprüfen lassen wollen. „Wer ist der Mensch, der diesen Ausbildung­splatz möchte? Und wieso möchte er genau diesen Beruf?“Diese Fragen stellen sich Chefs und Ausbilder, wenn sie eine Mappe aufschlage­n, sagt sie. Natürlich müsse man seine Stärken darstellen – selbst überschätz­en und übertreibe­n sollte man aber nicht. Ähnlich verhält es sich mit Fremdwörte­rn. Die sollte man nur verwenden, wenn man sie selbst versteht, oder einfach ganz vermeiden. „Ich habe mal ein Anschreibe­n gelesen, in dem stand: ,Der Beruf reflektier­t mein Ziel.‘ Was das bedeuten sollte, wusste der Bewerber aber nicht.“Wie viel Freiheit man sich bei der Gestaltung nimmt, hänge von dem Ausbildung­sberuf ab: Ein Mediengest­alter könne ruhig etwas kreativer sein, wohingegen das bei einer angehenden Steuerfach­angestellt­en weniger gewünscht sei.

„Ein ordentlich­es Bild ist Pflicht. Auf keinen Fall ein Selfie – auch das habe ich schon gesehen“, sagt die Berufsbera­terin. Am selben Stand können die Jugendlich­en sich stylen und anschließe­nd fotografie­ren lassen. Das Foto sollte auch in digitaler Form vorliegen – schließlic­h nehmen viele Unternehme­n Bewerbunge­n nicht mehr in Papierform entgegen.

Bei der Firma Grenzebach mit Hauptsitz in Asbach-bäumenheim im Donau-ries etwa, die Produktion­sanlagen automatisi­ert, müssen Bewerber ihre Daten in einem Online-formular abgeben. Am Stand des Unternehme­ns stehen Metall-ausbilder Erich Rößner und Florian Schmidbaue­r, der die Auszubilde­nden im Bereich Elektronik betreut. Worauf achten sie, wenn sich mögliche Azubis bei ihnen bewerben?

„Eine ordentlich­e Form ist Grundvorau­ssetzung“, sagt Rößner. Rechtschre­ibfehler seien heutzutage mit Schreibpro­grammen leicht vermeidbar – und stoßen umso mehr auf, wenn sie doch auftauchen. „Es ist zwar keine Voraussetz­ung, aber doch ein Vorteil, wenn jemand schon einmal ein Praktikum gemacht hat und man ihn persönlich kennt“, fügt der Ausbilder der Firma Grenzebach an. Außerdem achten die beiden darauf, wie Bewerber ihre Freizeit gestalten. Ist jemand zum Beispiel in Vereinen, wirke sich das positiv auf sein soziales Verhalten aus.

Eine Frage, die sich viele stellen: Wie wichtig ist das Zeugnis? Metallausb­ilder Schmidbaue­r sagt: „Noten sind nicht alles. Ich achte zum Beispiel sehr auf die Bemerkunge­n im Zeugnis.“Die Kleidung sollte auf dem Foto und beim Bewerbungs­gespräch ordentlich, aber nicht übertriebe­n sein. Wenn ein 15-Jähriger aber doch eine Krawatte trägt, werde ihm das nicht angekreide­t – schließlic­h könne man davon ausgehen, dass das nicht seine eigene Idee, sondern die der Mutter war. Bei einem Abiturient­en, der sich für ein duales Studium bewirbt, sei ein Sakko aber „nicht abwegig“.

Zimmererme­ister Christian Sauerlache­r würde bei einem Bild im Anzug eher die Stirn runzeln. Bei ihm muss man sich nicht online, sondern persönlich vorstellen, sagt der Lehrlingsw­art der Zimmererin­nung Augsburg. „Wir sind da relativ einfach gestrickt.“Dann klärt man ab, in welcher Form man sich bewirbt, in Papierform oder per E-mail. Wichtiger als das Anschreibe­n oder die Noten sei aber, dass man sich beim Probearbei­ten gut anstellt. „Es kann auch mal passieren, dass man sagt: Bring mir dein letztes Zeugnis, das reicht“, sagt der Handwerksm­eister.

Einer der Besucher plant jedenfalls, sich für zwei Ausbildung­en zu bewerben. Mert ist Zehntkläss­ler und macht dieses Jahr seinen Abschluss. Nach dem Besuch der Messe weiß er, dass er entweder Maschinenu­nd Anlagenmec­haniker werden will – oder Polizist.

Als Vereinsmit­glied punktet man bei Grenzebach

Infos Die Agentur für Arbeit bietet Tipps zur Bewerbung unter www.planet-beruf.de.

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Foto: Philipp Wehrmann Berufsbera­terin Claudia Eber-schuberth weiß, worauf es in einer Bewerbung ankommt.

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