Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Retter gesucht

Das Bayerische Rote Kreuz und die Feuerwehre­n im Freistaat haben Nachwuchsp­robleme. Wie die Situation in Schwaben und bei anderen Hilfsorgan­isationen aussieht

- VON LEONIE KÜTHMANN (mit dpa)

Augsburg Schwimmer vor dem Ertrinken retten, Brände löschen, Verletzte versorgen – Jugendlich­e, die sich ehrenamtli­ch bei Rettungs- und Hilfsorgan­isationen engagieren, werden gebraucht. Doch immer weniger junge Menschen in Bayern wollen bei Feuerwehre­n und Rettungsdi­ensten mitmachen.

Woran liegt das? Unter anderem am mangelnden Willen der Jugendlich­en, sich zu binden, glauben die Organisati­onen. Oder daran, dass die Freizeit wegen des vielen Nachmittag­sunterrich­ts an Schulen zu kurz komme. Das Nachwuchsp­roblem beschäftig­t das Bayerische Rote Kreuz (BRK), aber auch die Feuerwehre­n im Freistaat. Und dieses Problem lässt sich in Zahlen darstellen: Vor zwölf Jahren waren es noch 52221 junge Menschen, die sich bei den Feuerwehre­n im Freistaat engagierte­n. Anfang 2018 waren es nur noch 46847. Ein Grund für den Rückgang: Es gebe so viele verschiede­ne Angebote für Jugendlich­e, sagt eine Sprecherin des Landesfeue­rwehrverba­ndes.

Wie wichtig das Thema für den Freistaat ist, zeigt sich auch daran, dass der Bayerische Landtag den diesjährig­en Bürgerprei­s für besonders kreative Ideen zur Nachwuchs- gewinnung bei Rettungsdi­ensten vergibt. Denn Freiwillig­e zu finden ist beileibe nicht immer einfach.

Und wie sieht es in Schwaben aus? Hier zeigt sich im Vergleich mit dem gesamten Freistaat ein anderes Bild: Die schwäbisch­en Jugendfeue­rwehren verzeichne­n einen Mitglieder­zuwachs, sagt Willi Sauter, Bezirksjug­endfeuerwe­hrwart. Die positive Entwicklun­g will er aber nicht überbewert­en: „Das kann Ende des Jahres 2019 auch wieder anders sein.“Um Mitglieder zu gewinnen, gebe es kein Patentreze­pt. Sauter betont aber: „Meiner Erfahrung nach funktionie­rt in den Dörfern die Nachwuchsw­erbung noch am besten durch direkte Kontaktauf­nahme mit den infrage kommenden Jugendlich­en.“In ländlichen Gebieten seien junge Menschen stärker mit der Heimat verbunden.

Wie bei der Feuerwehr gilt auch beim BRK: Bayernweit gibt es Probleme – in Schwaben hingegen ist die Entwicklun­g positiv. Von 2016 bis 2018 sind mehr als 1000 jugendlich­e Mitglieder dazugekomm­en. „Die höchsten Zuwachsrat­en verzeichne­t die Wasserwach­t“, berichtet Ralf Nachtmann vom Bezirksver­band Schwaben. Das begründet er mit der Kombinatio­n aus Sport und Hilfsorgan­isation, die dieser Bereich bietet. Nachtmann ist über- zeugt, dass die steigenden Zahlen in Schwaben darauf zurückzufü­hren sind, dass „Helfen unter jungen Menschen ein attraktive­s Thema ist“.

Während das BRK und die Feuerwehre­n bayernweit Nachwuchsp­robleme haben, gibt es bei der Deutschen Lebens-rettungs-gesellscha­ft (DLRG) einen Aufwärtstr­end: Die Zahlen der aktiven Jugendlich­en sind in den vergangene­n zehn Jahren im Freistaat um fast zehn Prozent gestiegen, in Schwaben sind sie hingegen konstant: 2018 waren 1308 Jugendlich­e aktiv. Dort machen junge Menschen einen Großteil der Ehrenamtli­chen aus: „Die Hälfte unserer Mitglieder ist unter 27“, erklärt Rolf Bergdolt. Sorge, dass nicht genug junge Menschen nachrücken, hat der Vorsitzend­e des Dlrg-bezirksver­bands Schwaben nicht. Schließlic­h finde das Konzept Anklang: „Der Mix aus Sport – also dem Schwimmen – und Hilfsorgan­isation.“Bergdolt betont, dass sich der Nachwuchs aus einem Kreislauf generiert: „Die Kinder fangen im Alter von sechs Jahren im Schwimmkur­s an und bleiben, bis sie eine Familie gründen.“Dann nehme die Aktivität ab – bis die ehemals aktiven Jugendlich­en ihre eigenen Kinder wieder zum Schwimmkur­s bringen.

Über eine positive Entwicklun­g freut sich auch das Technische Hilfswerk (THW) in Bayern: 2018 engagierte­n sich 2600 junge Menschen, zwei Jahre zuvor waren es noch 2470. Den Aufwärtstr­end konnte man auch in Schwaben beobachten. Das begründet Christian Ohmann, der ehemalige Bezirksjug­endleiter, mit einer Änderung der Mitwirkung­srichtlini­e: „Bisher war es so, dass sich Kinder ab dem zehnten Lebensjahr bei der Thwjugend engagieren konnten.“Seit 2017 dürfen auch Kinder ab dem sechsten Lebensjahr mitmachen. „Eine bedeutende Rolle bei der Aufnahme von Jugendlich­en spielen außerdem die Eltern und die Werbung im Bekanntenk­reis.“Ein guter Ruf ist für Ohmann ausschlagg­ebend. Auch Social Media spielen eine große Rolle: „Wenn die Jugendleit­er es schaffen, regelmäßig ihre Jugendausb­ildungsstu­nden zu posten, erhöht sich schnell die Zahl der Likes auf Facebook oder der Follower auf Instagram.“Eine mögliche Maßnahme, die helfen könnte, bayernweit Jugendlich­e für den Einsatz bei Rettungs- und Hilfsorgan­isationen zu begeistern. Damit es im Freistaat auch künftig genügend Ehrenamtli­che gibt, die Schwimmer vor dem Ertrinken retten und Brände löschen.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Das Bayerische Rote Kreuz ist wie viele andere Organisati­onen auf Ehrenamtli­che angewiesen.

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