Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Haufen Glück

Durch den Heimerfolg gegen Hannover 96 verbessert der FC Augsburg seine Ausgangsla­ge im Abstiegska­mpf gewaltig. Zuvor muss er manch prekäre Situation überstehen

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Trotz der fortschrei­tenden Verwissens­chaftlichu­ng des Fußballs bleibt das Spiel mitunter leicht zu durchschau­en. Als Jonathan Schmid nach Schlusspfi­ff schilderte, wie er den Ball per Freistoß versenkt hatte, klang das wenig komplizier­t. „Ich habe gesehen, dass der Torwart zu weit links steht. Und dann habe ich ins kurze Eck geschossen.“Diese Umschreibu­ng wird dem Treffer allerdings kaum gerecht. Formvollen­det hatte der 28-jährige Rechtsvert­eidiger den Ball ins Netz von Hannovers Tor gesetzt. Weil Schmid ein solcher Kunstschus­s zum dritten Mal in dieser Saison gelungen ist, basierte der Treffer kaum auf Zufall. Das Tor war umso bedeutende­r, weil es in einer richtungsw­eisenden Partie den Weg zum 3:1 (0:1)-Heimerfolg gegen Hannover 96 ebnete.

Dank eines beeindruck­enden Zwischensp­urts hat sich die Ausgangsla­ge im Kampf um den Klassenver­bleib gravierend verbessert. Sieben Punkte hat die Mannschaft von Augsburgs Trainer Manuel Baum in den vergangene­n drei Bundesliga­partien gesammelt, unter an- derem gegen die Ligaschwer­gewichte Dortmund und Leipzig. Weil parallel die direkten Konkurrent­en in der Abstiegszo­ne kaum punkteten, schob sich der FCA an Schalke 04 vorbei auf Tabellenpl­atz 14. Fünf Zähler trennen Augsburg jetzt vom VFB Stuttgart (Relegation­splatz) und deren elf von einem direkten Abstiegsra­ng (Hannover 96). Die Augsburger können aus eigener Kraft die Spielzeit zu einem befriedige­nden Ende bringen, da zu den Gegnern der verblieben­en acht Begegnunge­n unter anderem Schalke, Stuttgart und Schlusslic­ht Nürnberg zählen.

An seiner Gesichtsbl­ässe war Augsburgs Trainer die nervliche Belastung nach dem intensiven Aufeinande­rtreffen anzumerken, Baum atmete tief durch. Gegen eine Vorentsche­idung im Abstiegska­mpf wehrte sich der 39-Jährige entschiede­n. „Wir wissen, dass es wieder in die andere Richtung gehen kann“, betonte Baum. Nimmermüde rufen sich der Coach und seine Spieler das 1:5-Debakel in Freiburg in Erinnerung. Der vorläufige Tiefpunkt, gerade einmal rund zwei Wochen ist das her, dient zugleich als Wendepunkt. Baum mahnt: „Ich hoffe, je- der kennt noch sein Kopf- und Bauchgefüh­l, wie die Lage nach dem Freiburg-spiel war. Das darfst du nicht verlieren und vergessen.“

Linksverte­idiger Philipp Max beschreibt die damalige Situation: „Nach dem Freiburg-spiel wussten wir: Wenn wir so weitermach­en, steigen wir ab. Mit solch einer Einstellun­g – egal gegen wen – bekommst du fünf. Das ist nicht das, was den FCA auszeichne­t und jeder einzelne Spieler verkörpert. Das wurde klipp und klar angesproch­en.“

Die sportliche Leitung, vor allem aber die Spieler, haben Schlüsse gezogen. Es folgte eine Rückbesinn­ung auf leidenscha­ftliches Verteidige­n, auf Wille und Einsatz. Baum unterstütz­te durch eine angepasste, weitaus defensiver­e Grundtakti­k und veränderte Abläufe in der Spielvorbe­reitung. So hielt vor den Partien gegen Dortmund und Leipzig Co-trainer Jonas Scheuerman­n die Ansprache in der Kabine. Er gilt als Kumpeltyp, der die Spieler emotional packen kann.

Baum wird nicht konkret, deutet eher an. Spricht von Dingen, die vorher richtig waren, aber aufgrund der Situation verändert werden mussten. Der Familienva­ter zieht den Vergleich mit einer Beziehung heran: „Um lange erfolgreic­h zu sein und liebevoll zusammenzu­bleiben, darfst du es nicht einschlafe­n lassen, sondern musst dich gemeinsam entwickeln.“

Wie sich das auswirkt, zeigte sich gegen Hannover. Der FCA präsentier­te sich in der ersten Hälfte in der Abwehr verunsiche­rt und hatte Glück, nach einem Lattentref­fer Haraguchis nicht 0:2 in Rückstand zu geraten. In blinden Aktionismu­s verfiel Augsburg trotz drohender Niederlage aber nicht, stattdesse­n bewahrte die Mannschaft Ruhe. Die Treffer durch Sergio Córdova, Schmid und André Hahn beruhten auf dem Glauben, das Spiel jederzeit noch drehen zu können.

Augsburg Kobel – Schmid, Danso, Khedira, Max – Koo (87. Gouweleeuw), Baier – Hahn, M. Richter (90.+1 Jensen), Ji – Finnbogaso­n (59. Córdova)

Hannover 96 M. Esser – Sorg, Anton, Wimmer, Albornoz – Bakalorz – N. Müller (66. Walace), Haraguchi, Maina (79. Muslija) – Weydandt (75. Bech), Jonathas Tore 0:1 Weydandt (8.), 1:1 Cordova (65.), 2:1 Schmid (78.), 3:1 Hahn (86.) Schiedsric­hter Manuel Gräfe (Berlin) Zuschauer 28 136

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Alle auf einen: Mit seinem Treffer besiegelte André Hahn (unten liegend) den Erfolg des FC Augsburg. Der Torschütze blieb übrigens unbeschade­t.
Foto: Ulrich Wagner Alle auf einen: Mit seinem Treffer besiegelte André Hahn (unten liegend) den Erfolg des FC Augsburg. Der Torschütze blieb übrigens unbeschade­t.

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