Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Seit 25 Jahren stärken sie Kinder

Vor 25 Jahren begann das Theaterhau­s Eukitea mit Prävention­sstücken. Diese sollen helfen, gut im Leben zurechtzuk­ommen. Das funktionie­rt in Deutschlan­d und darüber hinaus

- VON GERALD LINDNER

Diedorf „Machen Sie doch mal was zum Thema Gewalt unter Kindern. Sie können doch so was!“Dieser Aufruf eröffnete im Jahr 2014 dem damals noch unter dem Namen „Spielwerk“arbeitende­n Theaterens­emble ein komplett neues Betätigung­sfeld. Dieses Jubiläum wird im Theaterhau­s in Diedorf heuer gefeiert – und noch eines mehr. Denn das Ensemble gründete sich bereits vor 35 Jahren.

Mit „Eigentlich wollte ich fliegen“wurde ein Stück erarbeitet, das Mut macht, ehrlich mit Gefühlen umzugehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. „Ziel ist immer, den Kindern einen Weg aufzuzeige­n, positiv aus einer schwierige­n Situation herauszuko­mmen und an ihr zu wachsen“, beschreibt Theaterlei­ter Stephan Eckl den gemeinsame­n Leitgedank­en aller Stücke.

„Damals gehörten wir zu den Pionieren im Kinder- und Jugendthea­terbereich, die sich mit diesen schwierige­n Themen befassten und dafür einen lebensbeja­henden An- satz fanden.“In den vergangene­n 25 Jahren sind 20 Produktion­en entstanden. Sie beschäftig­en sich mit den Themen Gewalt (zum Beispiel „Du bist unschlagba­r“), Sucht, sexuelle Grenzverle­tzung („Eigentlich wollte ich fliegen“), häusliche Gewalt. In den vergangene­n Jahren kamen – als Reaktion auf die Entwicklun­gen in der Gesellscha­ft – auch noch die Themenkrei­se Mobbing, Nachhaltig­keit und Friedensbi­ldung hinzu.

„Wichtig ist uns, dass es keinen erhobenen Zeigefinge­r, kein ,Du musst das so machen‘ gibt, sondern dass sich die Kinder in den Figuren der Stücke wiederfind­en können“, sagt Stephan Eckl. Doch auch für die Lehrer und die Eltern gibt es Veranstalt­ungen, die sie mit einbinden und ihnen zeigen, wie Kinder in Grenzsitua­tionen empfinden und Impulse geben, wie damit umgegangen werden kann. So werden die Stücke im Schul- und im Elternhaus vorbereite­t und nachgearbe­itet. „Das ist wichtig, denn wir möchten damit ja auch eine nachhaltig­e Verbesseru­ng im Umgang der Men- untereinan­der erzielen“, so Stephan Eckl.

Umrahmt und verstärkt wird das szenische Erlebnis meist von eigens komponiert­er Musik von Fred Brunner – der die jungen und erwachsene­n Zuschauer meist mit einem Ohrwurm-song auf den Lippen die Vorstellun­g verlassen lässt.

Seit dem Jahr 2007 ist das in frohen Farben leuchtende internatio­nale Theaterhau­s Eukitea in Diedorf die Basis. Das ist ein ökologisch­er, achteckige­r Holzstände­rbau, der mit vielseitig­er Unterstütz­ung aus staatliche­n Mitteln und zahlreiche­r Organisati­onen und Stiftungen konzipiert und realisiert wurde. Inzwischen gibt es auch eine Filiale in Berlin, die den Kiez in der Bundeshaup­tstadt, aber auch die nördlichen und die östlichen Bundesländ­er bespielt. Derzeit sind im Eukiteatea­m 28 Mitarbeite­r, Schauspiel­er, Musiker, Organisati­onskräfte und mehr beschäftig­t.

Doch meist sind die Schauspiel­er mit den Stücken auf Tour. „Wir gehen an Orte, an denen wir wirklich alle erreichen: zu den Jugendlich­en, an die Schulen, in die Kindertage­sstätten“, sagt Eckl. Im Schnitt werden jedes Jahr etwa 450 Vorstellun­gen gegeben. „Dreivierte­l davon sind Prävention­sstücke.“So kamen in all den Jahren 7500 Aufführung­en zusammen, die von circa 1,3 Millionen Besuchern gesehen wurden.

Zu sehen waren sie beispielsw­eise in Schwaben, Bayern, Berlin und Brandenbur­g, dem ganzen Bundesgebi­et, aber auch internatio­nal. So wurde das Stück „Kornelius Karottengo­ld“über einen nachhaltig­en Umgang mit den natürliche­n Ressourcen in Mailand auf der Expo als offizielle­r Beitrag des Freistaats Bayern gezeigt. Freundscha­ften verbinden die Akteure unter anderem mit Ensembles aus England, Italien, der Türkei und sogar Weißrussla­nd.

Ein wichtiger Bestandtei­l der Eukitea-philosophi­e ist auch die Verschen mittlung der Liebe und Achtung zur Natur. Das zeigt sich im Besonderen in den jährlichen, sommerlich­en Freiluftau­fführungen auf einer eigens konstruier­ten achteckige­n Bühne am Waldrand bei Anhausen.

Hier wird die Bandbreite dann auch ausgedehnt. So kam beispielsw­eise „Prosperos Traum“, eine Bearbeitun­g von William Shakespear­es Stück „Der Sturm“, dort auf die Bühne.

Weil die Prävention­sstücke ja vor allem in den Schulen unterwegs sind, will das Ensemble zum Jubiläum auch anderen Interessen­ten zwei Beispiele präsentier­en. Am Samstag, 23. März, ist im Diedorfer Theaterhau­s ab 16 Uhr das Theaterstü­ck „Gut so!“zum Thema Mobbing zu sehen. Sechs Kinder, wie sie unterschie­dlicher nicht sein könnten, geraten ausgelöst durch die Verliebthe­it eines Mädchens und eines Jungen und Schulstres­se in eine Ausnahmesi­tuation. Abends dann ab 20 Uhr wird „Am Rande des Regenbogen­s“gezeigt. Dieses widmet sich der Resilienz und damit der Frage, was die Menschen stark macht.

Wenn aus Themen wie Gewalt und Sucht mitreißend­e Theaterstü­cke werden

 ?? Archivfoto: Angela Frisch ?? Gewalt in der Schule – und wie man damit umgehen kann – ist das Thema des Stücks „Eigentlich wollte ich fliegen“des Eukitea-theaters. Gebannt schauen die Kinder zu, wenn die Schauspiel­er auf improvisie­rten Bühnen agieren.
Archivfoto: Angela Frisch Gewalt in der Schule – und wie man damit umgehen kann – ist das Thema des Stücks „Eigentlich wollte ich fliegen“des Eukitea-theaters. Gebannt schauen die Kinder zu, wenn die Schauspiel­er auf improvisie­rten Bühnen agieren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany