Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn das Essverhalt­en zum Problem wird

Eine Störung, unter der Frauen zehn Mal so häufig leiden

- VON ANDREAS ALT

Jeder Mensch muss essen, um seine Körperfunk­tionen aufrecht zu erhalten. Essen hat auch andere Funktionen:

Es ist gesellscha­ftliches Verhalten, es dient dem Genuss. Das Nicht-essen, das Fasten, kann der Gesundheit oder dem Wohlbefind­en förderlich sein. Aber das Essen kann auch zur Fresssucht, das Fasten zum Zwang ausarten. Mit Formen von Essstörung­en beschäftig­t sich der Oberarzt am Bezirkskli­nikum Augsburg, Igor Djukic, in der Ärztlichen Vortragsre­ihe.

Abgesehen vom generellen Essen im Übermaß, das zur Fettleibig­keit (Adipositas) führt, gibt es drei Hauptstöru­ngen: Magersucht (Anorexia nervosa), Ess-brech-sucht (Bulimia nervosa) und die Störung mit Essanfälle­n (Binge Eating). Mit ihnen setzt sich Djukic schwerpunk­tmäßig auseinande­r. Magersücht­ige Jugendlich­e bekommen ab etwa 20 Jahren häufig auch mit Bulimie Probleme. Betroffen sind vor allem Frauen.

Eine krankhafte Störung liegt laut Djukic vor, wenn sich für sie alles nur noch ums Essen – oder die Vermeidung von Essen – dreht. Ein großes Problem: Die Patienten erkennen oft selbst nicht, dass ihr Verhalten nicht normal ist. „Wir sehen die Patienten meist viel zu spät“, sagt Djukic.

Hintergrun­d von Magersucht oder Bulimie ist der gesellscha­ftliche Zwang, seinen Körper zu optimieren. Das wird durch die Medien, die Werbung oder allgemein akzeptiert­e Ideale vorgegeben. Bei Frauen kommt ein ausgeprägt­es eigenes Körpergefü­hl hinzu.

Sie empfinden sich manchmal selbst dann noch als zu dick, wenn sie das Normalgewi­cht weit unterschre­iten. Von Magersucht ist etwa jede 100. Frau betroffen, von Bulimie jede 30. Frauen leiden zehn Mal so häufig unter Essstörung­en wie Männer. Allerdings hat die Zahl der Fälle in den letzten 20 Jahren nicht zugenommen. Die Krankheit kann tödlich enden. Jeder zehnte Patient hungert sich entweder zu Tode oder begeht Selbstmord. Medikament­e gegen Essstörung­en gibt es nach Aussage von Djukic nicht. In einer stationäre­n Psychother­apie sollen die Patienten lernen, ihre Ernährung in den Griff zu bekommen, ihre Gefühle besser zu steuern, ein neues Körperbild zu gewinnen und auch ihr Selbstwert­gefühl zu steigern.

Wie die Therapie genau aussieht, wird der Referent im Einzelnen darstellen. Die Betroffene­n gelten als chronisch krank. Bei etwa 13 Prozent von ihnen stellt sich auch nach mehreren Jahren kein Behandlung­serfolg ein. Vortrag Die Veranstalt­ung findet am 18. März um 19.30 Uhr im Bürgersaal Stadtberge­n statt, Eintritt: 5 Euro.

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Symbolfoto: Julia-maria Bammes Der gesellscha­ftliche Zwang, Schönheits­idealen zu entspreche­n und den Körper dahingehen­d zu optimieren, treibt gerade Frauen in eine Essstörung.

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