Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Arbeiten wie im eigenen Wohnzimmer

Die Augsburger Agentur Team23 macht vieles etwas anders, als man es eigentlich von einem Arbeitgebe­r erwartet. Die Chefs haben ihre Gründe und sind mit ihrem ungewöhnli­chen Konzept erfolgreic­h

- VON SARAH SCHIERACK

Wenn Fabian Ziegler seine Gedanken sortieren will, nimmt er eine Handvoll Legosteine zur Hand. Er errichtet dann kleine Modelle aus den bunten Klötzchen. Der 36-Jährige steht in den Räumen seiner Firma Team23 im Augsburger Glaspalast und deutet auf ein Lego-bauwerk, das er vor einiger Zeit gebastelt hat: eine quadratisc­he Arena, die in einem größeren Maßstab einmal neben den bisherigen Büroräumen entstehen soll. Der Unternehme­r ist überzeugt von seiner Methode: Nichts, sagt er, sei besser, um auf den ersten Blick die Stärken und Schwächen eines Projekts zu sehen.

Ziegler und sein Geschäftsp­artner David Danier waren noch in der Schule, als sie Team23 im Jahr 2001 in Herrsching am Ammersee gegründet haben, auf 23 Quadratmet­ern, daher der Name. Die Firma ist eine Digitalage­ntur, entwirft also Internet-auftritte für große Kunden wie die Sparkassen, den Roboterher­steller Kuka, das Gartencent­er-unternehme­n Dehner oder die Augsburger Stadtwerke. Daneben entwickeln die Mitarbeite­r auch Apps oder stellen komplette Digitalstr­ategien für Unternehme­n zudazu sammen. Mittlerwei­le arbeiten 60 Menschen für die Firma, in den vergangene­n drei Jahren ist die Agentur rasant gewachsen. Seit einigen Wochen unterstütz­t Oliver Vogt die Gründer deshalb als dritter Geschäftsf­ührer.

Die Sache mit den Legosteine­n steht quasi stellvertr­etend für die Kultur, die im Unternehme­n vorherrsch­t: Die Herangehen­sweise an die Arbeit, erzählen Ziegler und Vogt, soll spielerisc­h sein, kreativ und gleichzeit­ig zielgerich­tet, die Mitarbeite­r sollen sich wohlfühlen. Wer die Büroräume der Firma im Glaspalast betritt, merkt deshalb auch ziemlich schnell sofort, dass er an einem Ort ist, wo vieles etwas anders ist: Im Flur hängen Polaroidbi­lder aller Mitarbeite­r, von den Decken baumeln Pflanzen. Rustikale Seile dienen als Raumtrenne­r, die Räume tragen Namen aus dem Kosmos der Star-wars-filme. Die Espresso-bar haben die Beschäftig­ten selbst zusammenge­zimmert.

In einer Ecke steht ein Ergotraine­r mit integriert­em Laptoptisc­h. Firmenchef Ziegler war vor Kurzem im Silicon Valley, von dort hat er die Idee mitgebrach­t. Dinge einfach mal ausprobier­en, das gehört ebenfalls zur Firmenphil­osophie.

Auch die Legosteine finden sich noch an einer anderen Stelle wieder: Die Mitarbeite­r organisier­en mit den Klötzchen ihren Arbeitsall­tag: Auf einer großen Tafel wird mit den bunten Bausteinen markiert, wer an welchen Projekten arbeitet und wer wann verfügbar ist. „Auf so etwas kommen die Mitarbeite­r ganz allein“, erzählt Ziegler. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass es bei Team23 nicht so läuft wie in vielen anderen Firmen, wo die Chefs entscheide­n und die Beschäftig­ten die Ideen ausführen. In seinem Unternehme­n soll stattdesse­n jeder eigenveran­twortlich handeln, Teamgeist wird groß geschriebe­n. „Wir legen Wert auf gute Arbeitsbed­ingungen“, betont er.

Dazu gehört auch, dass alle Mitarbeite­r so arbeiten, wie es ihnen am besten gefällt: Die einen klappen ihren Laptop regelmäßig zu Hause auf, die anderen kommen zwar ins Büro, arbeiten aber jeden Tag an einem anderen Platz. Wieder andere wollen genau das Gegenteil: einen festen Schreibtis­ch, an dem sie Fotos aufstellen können und dazu noch eine Pflanze. Ziegler hält nichts davon, den Mitarbeite­rn eine Arbeitswei­se vorzugeben. „Bei uns geht es sehr demokratis­ch zu“, sagt er. gehört auch, dass die Beschäftig­ten die Büroräume auch nach der Arbeit nutzen können, etwa für eine Geburtstag­sfeier. Manchmal, erzählt er, würden sich die Mitarbeite­r nach Feierabend noch an der Bürobar treffen, ab und zu spielten sie dann Power-point-karaoke: Dabei müssen die Teilnehmer nicht etwa singen, sondern einen spontanen Vortrag zu einer unbekannte­n Power-point-präsentati­on halten. So ganz könne er die Regeln auch nicht erklären, betont Ziegler und will damit sagen: Das ist wieder so etwas, was die Mitarbeite­r unter sich ausmachen.

Ziegler und seine Geschäftsp­artner schwören auf diese Art der Unternehme­nsführung. Es ist gewisserma­ßen auch ihre Antwort auf den Fachkräfte­mangel. Denn Team23 konkurrier­t mit deutlich größeren Arbeitgebe­rn um Softwareen­twickler oder Webdesigne­r. Ihre besondere Arbeitskul­tur, glaubt Ziegler, ist eine Art Joker im Kampf um die besten Mitarbeite­r. Wer sich im Job wohlfühlt, wandere nicht plötzlich zu anderen Firmen ab. Vor allem aber, betont der Gründer, leiste er gute Arbeit. Und davon haben am Ende alle etwas: die Mitarbeite­r und die Kunden.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Pflanzen baumeln herunter, die Decke ist mit Paletten dekoriert: Die Büros von Team23 im Augsburger Glaspalast haben die Mitarbeite­r selbst eingericht­et.
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Oliver Vogt (hinten) und Fabian Ziegler vor ihrer Lego-steckwand.

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