Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum der Handel gerne in die Zukunft blickt

Am Wochenende war die Innenstadt gut besucht. Viele Kunden finden die Fußgängerz­one attraktiv, doch die Besucherza­hlen sind rückläufig. Das soll sich laut Experten bald ändern

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Bei Sonnensche­in und angenehmen Temperatur­en merkte man am Samstagnac­hmittag nichts von einem Besucherrü­ckgang in der Innenstadt. Die Cafés waren voller Menschen, die sich bei einem Getränk die Sonne ins Gesicht scheinen ließen und in der Innenstadt waren Augsburger und Besucher mit Einkaufstü­ten unterwegs oder flanierten durch die Fußgängerz­one. Doch scheinbar täuscht diese Momentaufn­ahme – denn im vergangene­n Jahr waren deutlich weniger Menschen im Zentrum unterwegs als noch 2017, sagt die Passantenz­ählung der Stadt. Und auch die Geschäftsi­nhaber berichten von einem merkbaren Besucherrü­ckgang.

Rainer Pfaff betreibt in der Altstadt „Isle of Skye“, ein kleiner auf Whiskey und Mode spezialisi­erter Laden. „2016 hatten wir das beste Geschäft, 2017 immer noch ein sehr gutes, 2018 ist der Umsatz dann auf das Niveau von 2015 abgestürzt“, rechnet er vor. Er macht unter anderem die vielen Baustellen im vergangene­n Jahr dafür verantwort­lich. „Die Kunden sind verunsiche­rt und fahren dann eben nicht in die Stadt“, glaubt er. Auch die Umweltzone und die Notwendigk­eit einer grünen um in die Stadt fahren zu können, schade der Innenstadt, ist er überzeugt. „Ich habe denselben Effekt mit der Einführung der grünen Plakette in Ulm erlebt“, so der Geschäftsm­ann, der dort eine Filiale betreibt. Dabei sei die Altstadt gerade für auswärtige Kunden extrem attraktiv. Hilfreich für das Geschäft der Altstadthä­ndler sei die nahe City-galerie, wo die Kunden günstig parken können. „Wenn man bedenkt, wie viel Angst wir vor der City-galerie hatten, kann man sich kaum vorstellen, wie gut sie uns jetzt tut“, so Pfaff.

In einer Passage nahe der Steingasse verkauft Isabell Peuker in ihrem Geschäft „Torbella“spanische Auch für sie war das letzte Jahr „deutlich ruhiger“als die Jahre zuvor. Das habe am Wetter gelegen, aber auch an den Baustellen und der Parksituat­ion. „Mit nasser Kleidung oder Schirm mag niemand Schuhe anprobiere­n“, glaubt sie. Gerade während des Weihnachts­geschäftes habe das Wetter nicht mitgespiel­t. Ein Problem mit den Preisen fürs Parken hätten vor allem die Menschen aus dem nahen Umland. „Besucher aus München oder anderen Großstädte­n sind ganz andere Parkgebühr­en gewohnt.“

Einen merklichen Effekt auf ihr Geschäft hätten die steigenden Zahlen an Touristen und Tagesbesuc­hern, sagt die Inhaberin. „Tourisplak­ette, ten haben Zeit, bummeln durch die Passagen und suchen gezielt nach einem schönen Geschenk für die Daheimgebl­iebenen“, so Peuker. „An Samstagen oder Feiertagen merken wir das enorm“, bekräftigt sie.

Götz Beck von der Regio Augsburg bestätigt diese Beobachtun­g. „Es gibt Untersuchu­ngen, nach denen die Hälfte des touristisc­hen Umsatzes in den Einzelhand­el geht“, berichtet er. Touristen seien ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor, nicht nur für Einzelhänd­ler. „Taxifahrer, Gastronome­n, alle profitiere­n vom Tourismus.“Trotz des Besucherrü­ckgangs in der Innenstadt war 2018 aus touristisc­her Sicht ein Rekordjahr, so Beck. „Wir hatten sieben Prozent mehr Übernachtu­ngen als das Jahr davor. Alleine 17 Millionen Tagesbesuc­her seien in der Stadt unterwegs gewesen. Er glaubt, dass der Tourismus die Probleme der Einzelhänd­ler zu einem Teil lösen werde. Man nähere sich der Millioneng­renze bei den Übernachtu­ngen – die Uniklinik werde für wohlhabend­e Medizintou­risten sorgen. Und auch die Unesco-weltkultur­erbebewerb­ung verspreche steigende Besucherza­hlen.

Aus Diedorf ist am Samstag Familie Rau in die Innenstadt gekommen. Erst waren sie mit Sohn Phischuhe. lipp in der Stadtbüche­rei, dann haben sie noch einen Abstecher auf den Stadtmarkt und zu „Cumpanum“gemacht, um ein Brot mitzunehme­n. „Wir kommen gerne in die Stadt“, sagt Vater Thomas Rau, „nur das Parken ist blöd.“Ein Parkhaus kommt für ihn nicht infrage, deshalb sucht die Familie immer nach einer kostenlose­n Abstellmög­lichkeit am Rand der Innenstadt. „Wir laufen gerne ein Stück“, bekräftigt Ehefrau Gerlinde Rau.

Jeden zweiten Tag fährt Alois Oulik mit seiner Frau aus Oberhausen zum Einkaufen in die Innenstadt. Sie holen Brot auf dem Stadtmarkt und gehen zu Karstadt. „Dort bekomme ich immer etwas Schönes“, sagt Oulik und lächelt zu seiner Frau hinüber. „Uns freut es immer, wenn wir sehen, wie schön es hier geworden ist“, betont er.

Ulrich Mayer, Inhaber von No. 7 in der Steingasse und Ortsvorsit­zender des bayerische­n Handelsver­bandes, sieht einen positiven Trend. Es sei viel geschehen, das müsse jetzt nur in die Köpfe der Besucher aus dem Umland. Und auch er hofft auf die Uniklinik. Diese werde noch mehr „hochkaräti­ge“Kunden anziehen. „Das werden alle spüren, ob Einzelhand­el oder Gastronomi­e“, ist sich Mayer sicher.

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Fotos: Annette Zoepf Am Wochenende war bei bestem Wetter einiges los in der Fußgängerz­one. Die Menschen nutzten die angenehmen Temperatur­en, um einzukaufe­n oder um durch die Annastraße zu bummeln. Bei schlechtem Wetter sei die Innenstadt dagegen oft wie leer gefegt, sagen Geschäftsl­eute.
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Isabell Peuker verkauft spanische Schuhe. Sie hofft auf Touristen.
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Thomas, Philipp und Gerlinde Rau kaufen gern in Augsburg ein.

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