Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Unfallfahr­er machen sich häufiger aus dem Staub

Die Fälle von Unfallfluc­ht sind in den vergangene­n zehn Jahren in Augsburg um fast 50 Prozent gestiegen. Mit der wachsenden Zahl an Autos lässt sich das nur zum Teil erklären

- VON STEFAN KROG

Autobesitz­er in Augsburg bleiben nach einem Unfall immer häufiger auf einem Schaden sitzen, weil sich der Unfallveru­rsacher unerkannt aus dem Staub macht. Die Zahl der von der Polizei registrier­ten Fälle von Unfallfluc­ht im Stadtgebie­t stieg im Vergleich von 2009 zu 2018 (rund 2700 Fälle) um beachtlich­e 49 Prozent. Zwar hat auch die Zahl der zugelassen­en Fahrzeuge und der registrier­ten Unfälle in der Zeit um 20 bzw. 30 Prozent zugenommen, doch die Fälle von Unfallfluc­ht sind überpropor­tional gestiegen. Die Ursache stellt auch die Polizei vor ein Rätsel. Man könne nur spekuliere­n, sagt Sprecher Siegfried Hartmann.

Bei einem großen Teil der Unfallfluc­hten geht es um sogenannte Parkremple­r. 75 Prozent aller registrier­ten Zusammenst­öße spielen sich bei parkenden, anfahrende­n oder anhaltende­n Fahrzeugen ab, so die Polizei. Möglicherw­eise spielt eine Rolle, dass die Zahl der Stellplätz­e an den Straßenrän­dern immer knapper wird, weil es mehr Autos gibt, möglicherw­eise wirkt sich auch die zunehmende Größe von Autos negativ aus. Unfälle mit Verletzten, bei denen sich ein Beteiligte­r davonmacht, gibt es relativ selten. Bei rund vier Prozent der registrier­ten Fälle wurde jemand verletzt.

Die Chancen, dauerhaft unerkannt davonzukom­men, sind übrigens gar nicht so gut. In Augsburg lag die Aufklärung­squote in den vergangene­n Jahren bei etwa 40 Prozent. Bei der Verkehrspo­lizei gibt es speziell geschulte Fahnder, die darauf spezialisi­ert sind, Autound Leuchtente­ile zu begutachte­n und Lackspuren auszuwerte­n. Auch wenn sich ein Zeuge nur die Fragmente eines Nummernsch­ildes merken konnte, ist dies ein Ansatz, der häufig zum Erfolg führt.

Bei der Vernehmung durch die Polizei sagen Unfallveru­rsacher häufig, dass sie den Zusammenst­oß nicht bemerkt haben wollen oder davon ausgegange­n sind, dass kein Schaden entstanden ist. „Kommt es zu höheren Sachschäde­n, so spielt mutmaßlich auch die Angst vor dem möglichen Verlust des Führersche­ins in Verbindung mit hohen Geldstrafe­n und Punkten im Verkehrsze­ntralregis­ter eine Rolle“, so Polizeispr­echer Hartmann.

Wer erwischt wird, dem drohen eine Geldstrafe sowie Punkte in Flensburg. Auch ein Fahrverbot oder sogar ein Entzug des Führersche­ins sind möglich. Maßgeblich ist dafür meist der entstanden­e Schaden, der angesichts immer aufwendige­r gebauter Teile wie Stoßstange­n mit elektronis­chen Sensoren schnell beträchtli­ch sein kann.

Um nicht unfallflüc­htig zu werden, sollten Autofahrer folgende Tipps beherzigen:

● Warten Als Unfallveru­rsacher ist man laut Gesetz verpflicht­et, auf den Geschädigt­en am Unfallort zu warten, und zwar eine „den Umständen angemessen­e Zeit“. Die Polizei hält bis zu einer Stunde für zumutbar, wenn es sich etwa um einen Parkremple­r auf einem Supermarkt­parkplatz handelt. Bei Nacht in einem Wohngebiet sieht die Lage wohl anders aus. Die Rechtsspre­chung ist aber nicht eindeutig.

● Zettel reicht nicht Dem anderen Unfallbete­iligten einen Zettel unter den Scheibenwi­scher zu klemmen, auf dem man seine Telefonnum­mer und seinen Namen notiert, genügt nicht. Nötig ist, sich bei der Polizei zu melden, am besten mit dem Handy vor Ort.

● Keine 24-Stunden-regel Immer wieder ist zu hören, dass man als Unfallveru­rsacher 24 Stunden Zeit hat, um sich bei der Polizei zu melden. Das ist nicht richtig. Wer in einer ersten Überreakti­on nach einem Parkunfall davonfährt, kann besser davonkomme­n, wenn er sich innerhalb von 24 Stunden meldet („tätige Reue“). Kann einen die Polizei aufgrund von Zeugenauss­agen aber schon früher ermitteln, bringt das nichts. Ohnehin darf nur geringer Schaden entstanden sein. Bei Unfällen im fließenden Verkehr, bei denen auch Verletzte nicht auszuschli­eßen sind, muss man sofort anhalten.

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