Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weniger Einbrüche, mehr Sexualdeli­kte

In Bayern leben die Menschen so sicher wie selten zuvor. Dennoch gibt es alte sowie neue Probleme – und einen auf den ersten Blick dramatisch­en Ausreißer nach oben

- (AZ)

München In Bayern lebt es sich sicher: Das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, ist laut der aktuellen Statistik des Innenminis­teriums im bundesweit­en Vergleich äußerst niedrig. Zwar sei die bereinigte Kriminalit­ätsbelastu­ng, also ohne ausländerr­echtliche Delikte, im letzten Jahr um 0,8 Prozent auf 4571 Straftaten pro 100 000 Einwohner gestiegen – „das ist aber der zweitniedr­igste Wert der letzten 30 Jahre“, erklärte Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Zugenommen haben Rauschgift­kriminalit­ät (55017 Fälle, plus 8,0 Prozent) und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung (8626 Fälle, plus 12,5 Prozent). Deutliche Rückgänge gibt es bei Diebstahls­delikten (155924 Fälle, minus 4,4 Prozent).

München Die Kriminalit­ät in Bayern bleibt auf einem historisch niedrigen Niveau. „Der Eindruck ,Früher war alles besser‘ ist definitiv falsch“, sagte Innenminis­ter Joachim Herrmann am Montag bei der Vorstellun­g der Kriminalit­ätsstatist­ik für das Jahr 2018. Diese lässt sich in Kurzform wie folgt zusammenfa­ssen: deutlich weniger Wohnungsei­nbrüche und Diebstähle, aber mehr Betrugsfäl­le, Sexualstra­ftaten und Rauschgift-delikte. Dazu ein weiter überpropor­tional hoher Anteil von Ausländern und Zuwanderer­n an den Tatverdäch­tigen. Insgesamt stieg die Zahl der registrier­ten Straftaten leicht an – um 1,3 Prozent auf nun rund 594000 Fälle. Dies sei aber – bezogen auf die Einwohnerz­ahl – nach 2017 die zweitniedr­igste Kriminalit­ätsrate seit 1988, erklärte Herrmann.

Für etwas Aufregung sorgte im ersten Moment die Statistik für die Stadt Würzburg. Dort verzeichne­ten die Ordnungshü­ter im vergangene­n Jahr einen Anstieg der Kriminalit­ätsrate um ganze elf Prozent. Doch Landespoli­zeipräside­nt Wilhelm Schmidbaue­r hatte am Montag schnell eine Erklärung dafür parat. Die Steigerung sei vor allem auf einen einzigen Fall zurückzufü­hren: Dem „Autokratze­r“, der in Unterfrank­en hunderte Fahrzeuge mutwillig beschädigt hat. „Ohne diesen Fall würde Würzburg wohl nicht die rote Laterne halten“, sagte Schmidbaue­r. Doch auch in München (4,3 Prozent) und Augsburg (0,7 Prozent) legte die Kriminalit­ät zu. In Fürth (-8,1 Prozent), Bayreuth (-6,2 Prozent) oder Bamberg (-5,6 Prozent) gab es dagegen einen deutlichen Rückgang.

Weiter gestiegen ist der Anteil der Nichtdeuts­chen an den Tatverdäch­tigen: Er liegt nun bei 35,5 Prozent – bei einem Bevölkerun­gsanteil von 12,6 Prozent. Vor allem im Zehn-jahres-vergleich ist der Zuwachs deutlich: 2009 hatten knapp 23 Prozent der Tatverdäch­tigen keinen deutschen Pass. Nicht alle diese Personen leben allerdings in Bayern: So zählte mehr als die Hälfte der verhaftete­n Einbrecher zu organi- sierten Banden, vor allem aus Osteuropa.

Auch der Anteil tatverdäch­tiger Zuwanderer liegt mit 10,6 Prozent deutlich über dem Bevölkerun­gsanteil von rund 1,7 Prozent. Bei Gewaltund Sexualdeli­kten liegt die Quote gar über 15 Prozent. „Ein erhebliche­r Teil dieser Delikte wird innerhalb der Gruppe der Zuwanderer verübt“, erklärt Herrmann. Mehr als einem Viertel der beschuldig­ten Zuwanderer – knapp 8000 Personen – wurde mehr als eine Straftat vorgeworfe­n.

Bei den Gewaltdeli­kten insgesamt bleibt vor allem ein anhaltend starker Anstieg an angezeigte­n Sexualverb­rechen auffällig – 2018 um 12,5 Prozent auf gut 8600 Fälle. Herrmann führt dies unter anderem auf das geänderte Sexualstra­frecht und ein veränderte­s gesellscha­ftliches Umfeld im Zuge der „Metoo“-debatte zurück. Beides habe zweifellos zu einer „Aufhellung des Dunkelfeld­es“geführt. Auch möglichen anderen Gründen des Anstiegs werde aber nachgegang­en, so der Minister.

Jede fünfte Straftat in Bayern war 2018 ein Betrugs- oder Fälschungs­delikt. So versuchten etwa profession­elle „Call-center“per Telefon aus Polen und der Türkei als vermeintli­che Polizisten vor allem ältere Menschen zur Übergabe von Bargeld oder Schmuck zu drängen. Immer wieder mit Erfolg. Der Schaden wird auf 13 Millionen Euro geschätzt. Im Bereich Rauschgift hat sich die Zahl der registrier­ten Straftaten seit 2009 fast verdoppelt – auch wegen verstärkte­r Kontrollen der Polizei. Gleichzeit­ig sank die Zahl der Drogentote­n von 321 in 2016 auf nun 235.

Positive Entwicklun­gen gab es etwa beim Kfz-diebstahl (-9,1 Prozent), beim Taschendie­bstahl (-14,9 Prozent) oder beim Raub (-7,2 Prozent). Auch die Zahl der Wohnungsei­nbrüche sank um 13 Prozent auf gut 5200 Fälle. „Unsere intensiven Bemühungen zahlen sich hier aus“, freute sich Herrmann. Bayern werde deshalb auch in Zukunft an einer „konsequent­en strategisc­h ausgericht­eten Sicherheit­spolitik festhalten“.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Die Fernsehkam­eras hatten Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann bei der Vorstellun­g der neuesten Kriminalit­ätsstatist­ik fest im Blick.

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