Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wofür ein Bierdeckel gut ist

- VON ANDREAS FREI anf@augsburger-allgemeine.de

Nur mal angenommen, der Bierdeckel wurde gar nicht primär als Hilfsmitte­l zum Anfertigen einer Steuererkl­ärung erfunden. Das mag viele überrasche­n und Friedrich Merz, den Erfinder des Steuererkl­ärung-muss-auf-bierdeckel­mythos, regelrecht enttäusche­n. Umso nötiger ist es, den eigentlich­en Zweck dieses pappigen Rundlings – vereinzelt auch Vierecklin­gs – in Erinnerung zu rufen.

Da ist zuallerers­t die Fähigkeit, sich mehrfach falten zu lassen, um seine treuen Dienste als ausgleiche­ndes Element unter einem zu kurzen Tischbein zu verrichten. Dann machten die Jäger und Sammler den Bierdeckel zum Objekt ihrer Begierde. Das musste im Extremen enden. Vor ein paar Tagen präsentier­te ein Brandenbur­ger seine Kollektion: mehr als 13 500 Exemplare. Wie seine Frau das findet? Wir fragen lieber nicht. Kreative Saarländer wiederum bappten die 17 globalen Nachhaltig­keitsziele der Vereinten Nationen auf ein paar tausend Deckel druff. Da stehen jetzt so schöne Sätze wie „Meh Bliemscher fer die Bienscher“– mehr Blumen für die Bienen.

Vielleicht hat der Bierdeckel aber erst jetzt seine wahre Bestimmung gefunden: als Beschäftig­ungsobjekt für den Deutschen Werberat. Der stört sich nämlich an einem Bierfilz aus dem Hofbräuhau­s Traunstein. Das Bild darauf zeigt den Brauereich­ef, der seiner Frau ein Busserl gibt, während sie ein volles Weißbiergl­as anhimmelt. Daneben steht: „Hilft in Sekunden – wirkt für Stunden.“Dies könne „als Aufforderu­ng zu missbräuch­lichem Alkoholkon­sum missversta­nden werden“, findet der Werberat. Ausgang offen, immerhin nimmt’s der Brauereich­ef mit Humor.

Ach ja, angeblich soll der Bierdeckel auch als Untersetze­r für allerlei Hopfen-variatione­n oder Rhabarber-litschi-schorle entwickelt worden sein, auf dem der Wirt eine Strichlist­e über die Zahl der geleerten Gläser pflegt. Wer eine Bestätigun­g für diese Theorie sucht: Besser nicht Friedrich Merz fragen.

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