Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Innenminis­ter nach Polizeiska­ndal unter Druck

Grüne werfen Joachim Herrmann „Geheimhalt­ungstaktik“vor. Dieser wusste seit Wochen Bescheid

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München Nach dem jüngsten Skandal um einen möglicherw­eise antisemiti­schen Chat unter Münchner Polizisten muss sich Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) gegen Geheimhalt­ungs-vorwürfe wehren.

Die Fraktionsc­hefin der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, kritisiert­e am Montag, ohne medialen Druck hätte die Öffentlich­keit „vermutlich bis heute nichts von diesen ungeheuerl­ichen Chatprotok­ollen und judenfeind­lichen Video-postings“erfahren. „Eine solche Geheimhalt­ungstaktik weckt naturgemäß Misstrauen“, sagte sie und forderte einen umfassende­n Bericht im Landtags-innenaussc­huss – auch über mögliche rechtsextr­eme Strukturen innerhalb der Polizei. Zudem wolle sie wissen, wann genau das Ministeriu­m erste Informatio­nen von den jüngsten Vorfällen erhalten hatte. „Für mich stellt sich das im Moment so dar, als sollte der Skandal polizeiint­ern abgewickel­t und die Öffentlich­keit hierüber nicht informiert werden“, sagte Schulze.

Am Freitag war bekannt geworden, dass die Münchner Staatsanwa­ltschaft gegen mehrere Polizeibea­mte wegen eventuell strafbarer Inhalte in einer internen Chat-gruppe ermittelt. Unter anderem geht es um zwei möglicherw­eise antisemiti­sche Videos und ein Foto von einer Hakenkreuz­schmierere­i, die auf dem privaten Handy eines Polizisten gefunden wurden.

Innenminis­ter Herrmann sagte zu den Vorwürfen von Grünen-chefin Schulze: „Da war zu keinem Zeitpunkt auch nur der Hauch von Überlegung­en, irgendetwa­s unter den Tisch zu kehren.“Münchens Polizeiprä­sident Hubertus Andrä habe ihn vor einigen Wochen über die Vorfälle informiert, die Staatsanwa­ltschaft sei sofort eingeschal­tet worden. Von Vertuschun­gen könne „wirklich überhaupt nicht die Rede sein“. Andrä sagte am Montag, er sehe keinen Anlass für ein generelles Verbot von Chat-kanälen bei Polizisten. Die Beamten müssten allerdings noch mehr sensibilis­iert werden, dass die Kommunikat­ion dort den Werten und dem Ansehen der Polizei zu entspreche­n habe. Zu Forderunge­n des Antisemiti­smusbeauft­ragten des Freistaats, Ludwig Spaenle (CSU), nach Konsequenz­en für die Ausbildung des Polizeinac­hwuchses sagte Andrä: Schon heute sei der Umgang mit solchen Themen ein wesentlich­er Teil der Ausbildung. Er räumte aber ein: „Man muss sehen, ob es an der einen oder anderen Stelle noch Notwendigk­eit gibt, das zu intensivie­ren.“

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