Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Scala wieder am „Punkt Null“

Mailands Opernhaus will kein Saudi-geld

- VON STEFAN DOSCH

Mord und Totschlag: Ohne diese beiden scheint es in der Oper nicht zu gehen, die blutige Tat gehört zum Wesen der Gattung, zumindest dort, wo sie dramatisch ist. Und gerade bei den Italienern – kaum ein Verdi oder Puccini, bei dem am Ende nicht mindestens einer gemeuchelt auf der Strecke bliebe.

Wenn nun aber jemand in die Oper drängt, der jüngst einen realen Mordanschl­ag zu verantwort­en hatte, wenn Saudi-arabien, das dem Regimekrit­iker Dschamal Kaschoggi auf brutalste Weise das Leben nahm, sich mit Geld in die Scala einkaufen will, Mailands berühmtes Opernhaus, dann liegen die Dinge anders – dann will aus dieser Konstellat­ion letztlich niemand ein ästhetisch­es Vergnügen ziehen. Gewiss, zunächst sah es noch anders aus, als der Intendant des Hauses, Alexander Pereira, die Saudis für eine Kooperatio­n ins Boot holen wollte. Und das nicht einmal für unvorstell­bar hohe Petrodolla­r-summen, sondern für den vergleichs­weise schlappen Betrag von 15 Millionen Euro, verteilt auf fünf Jahre. Für diesen Tropfen sollte der saudische Kulturmini­ster auch noch einen Sitz im Aufsichtsr­at des Opernhause­s erhalten.

Geld von einem gnadenlose­n Regime für eine von Italiens ersten Kunstadres­sen? Da rollten die Wogen der Empörung doch haushoch heran – und sorgten für nun einen Umschlag der Gesinnung. Wie italienisc­he Medien meldeten, verkündete Mailands Bürgermeis­ter nach einer Aufsichtsr­atssitzung: „Wir werden zum Punkt Null zurückkehr­en. Wir geben den Saudis das Geld zurück.“Gut drei Millionen Euro sollen bereits geflossen sein.

Eine kluge Entscheidu­ng. Vielleicht hat man sich in Mailand ja an die Opernstoff­e erinnert, die da auf der Scala-bühne so eindringli­ch besungen werden. Stücke, in denen am Ende die Gerechtigk­eit siegt. Und es für den, der auf das Böse setzt, nicht gut ausgeht.

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