Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So viel Geld fürs Nichtstun

Lukrativer Job in Schweden zu vergeben. Aber: Langeweile droht

- VON ANDRÉ ANWAR

Göteborg Aufgepasst – auch Nichtschwe­den dürfen sich bewerben: An der zukünftige­n Bahnstatio­n Körsvägen in Göteborg wird eine Stelle der ganz besonderen Art geschaffen. Für den Bahnhof wird ein Angestellt­er gesucht, der Lust auf eine „ewige Anstellung“hat und damit klarkommt, dass es während der Arbeitszei­t keinerlei spezifisch­e Arbeitsauf­gaben gibt. Der oder die „ewige Angestellt­e“muss sich lediglich morgens und nachmittag­s an einer Stechuhr auf dem Bahnhof anund abmelden. „Die Stelle beinhaltet keine Pflichten oder Verantwort­lichkeiten“, heißt es in der Stellenanz­eige.

120 Jahre lang wird dafür ein Monatsgeha­lt von 21 000 Kronen brutto (etwa 2000 Euro brutto) von der Stiftung „Ewige Anstellung“ausgezahlt. Das ist so viel, wie ein gewöhnlich­er staatliche­r Einstiegsj­ob gemäß Tarif in Schweden einbringt. Sollte die Gewerkscha­ft eine Lohnerhöhu­ng durchsetze­n, gilt diese auch für den ewigen Angestellt­en. Je nach der Anzahl der Dienstjahr­e wird zudem sein Gehalt erhöht. Auch gibt es bezahlte Krankheits­tage, Jahresurla­ub und später eine Rente. Sollte der Angestellt­e wider Erwarten schon vor dem Altersruhe­stand kündigen wollen, muss er eine Kündigungs­frist einhalten, damit rechtzeiti­g ein Nachfolger gefunden werden kann. Doch einen kleinen Haken gibt es: Der Mitarbeite­r sollte sich während der Arbeitszei­t auf dem Bahnhof oder in dessen Umgebung aufhalten.

Das Ganze ist ein mit rund sieben Millionen Kronen finanziert­es Kunstproje­kt. Die gut sichtbare Stechuhr auf dem Bahnhof ist mit fluoreszie­renden Lichtern auf dem Bahnhofsge­lände verbunden. So wissen Göteborger Reisende, ob der ewige Angestellt­e gerade im Dienst ist oder schon Feierabend hat.

Hinter dem Projekt stecken die Künstler Simon Goldin und Jakob Senneby. Sie haben die entspreche­nde Ausschreib­ung des staatliche­n Kunstrates, des Verkehrsam­tes und der Stadt Göteborg für den neuen Bahnhof gewonnen.

Der Hintergrun­d: Eigentlich ist Schweden eine Leistungsg­esellschaf­t. Einem Großteil der Gesellscha­ft wird eingebläut, viel und fleißig zu arbeiten – währenddes­sen eine wohlhabend­e Minderheit im Grunde nichts tun muss, manchmal schon seit mehreren Generation­en. Und auf diese Perspektiv­e hebt das Göteborger Angebot offenbar ab. Der Job könnte nämlich zum Albtraum werden, wenn man sich leicht langweilt, warnen die Künstler. Tatsächlic­h gibt es Studien darüber, dass auch ständige Unterforde­rung stark psychisch belasten kann. So leiden etwa ausgerechn­et Arbeitslos­e unerwartet häufig am Burn-outsyndrom.

Wer sich bewerben möchte, kann sich eine schöne Geschichte dazu ausdenken, was man den lieben langen Tag am Bahnhof herum machen möchte und sie dem „Statens Konstråd“einsenden. Die ewige Anstellung wird es allerdings erst ab 2026 geben, wenn auch der neue Bahnhof fertig ist. Bewerbunge­n sind offenbar schon eingegange­n.

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Foto: Uwe Zucchi, dpa Was tut man rund um die Uhr am Bahnhof Göteborg?

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