Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das gibt es nur beim FC Bayern

Bundesliga Neun Punkte Rückstand zu Dortmund aufgeholt, 17 Tore in drei Spielen erzielt – trotzdem gibt es reichlich Kritik. Sie macht sich vor allem am Trainer fest

- VON TILMANN MEHL

München Diesen Status hat sich der FC Bayern über Jahrzehnte erarbeitet. Wenigen anderen Mannschaft­en würden in der momentanen Situation Vorwürfe entgegenge­schleudert. Sie haben einen Neun-punkterück­stand in der Liga aufgeholt und mit dem FC Heidenheim im Pokalviert­elfinale einen Gegner, der die Chance auf das Weiterkomm­en bietet. In den vergangene­n drei Ligapartie­n erzielten die Münchner 17 Treffer. Und doch sind die Kaderplane­r, Trainer Niko Kovac und die Mannschaft nicht über jeden Zweifel erhaben. Das verdiente Ausscheide­n gegen den FC Liverpool riss Wunden auf, die in der Winterpaus­e geheilt schienen. Vor allem das Heimspiel gegen die Briten bekräftigt­e diejenigen, die Kovac mangelnde taktische Flexibilit­ät vorwerfen. Dass der Trainer gegen die Engländer keine offensiven Alternativ­en einwechsel­n konnte, wird Präsident Uli Hoeneß und Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic angelastet. Sie haben die Mannschaft zusammenge­stellt – und den Umbruch zumindest nicht überhastet vorangetri­eben. Die Mannschaft befindet sich trotzdem im größten Wandel der vergangene­n zehn Jahre. Es ist das Ende der Gewissheit­en für viele Spieler. Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller wurden von Joachim Löw ja nicht aus den Planungen gestrichen, weil der Bundestrai­ner der Gesichter der drei überdrüssi­g wäre. Franck Ribéry und Arjen Robben sollte eine gebührende Abschiedss­aison ermöglicht werden – die dem Holländer bislang aufgrund bekannter Verletzung­sprobleme weitgehend verwehrt bleibt. Ob der ausgeliehe­ne James über das Saisonende hinaus bleibt: offen. Weder Kovac noch Hoeneß oder Salihamidz­ic und schon gar nicht James selbst wollten sich nach dem 6:0 gegen Mainz dazu äußern. Eine Mannschaft im Wandel. Wie dieses Team in den kommenden Jahren ausschauen wird, ist allenfalls zu erahnen. Joshua Kimmich wird gewiss eine Führungsro­lle einnehmen, Leon Goretzka wohl das Spiel im Mittelfeld antreiben und Serge Gnabry hat sich entgegen mancher Vorhersage als Flügel-stammkraft etabliert. Gnabry und Goretzka hat vor allem Kovac gefördert. Dass ein Traider ner in der Kritik steht, trotz dieser Gemengelag­e immer noch die Chance auf zwei Titel besitzt, gibt es nur in München. Unschuldig daran ist Kovac nicht. Ebenso offen wie einige Kaderplätz­e ist auch der Fußball, den die Münchner künftig zeigen wollen. Spiele wie jene gegen Mainz geben keinen Aufschluss. Zu groß ist immer noch die individuel­le Klasse, zu präsent einige der unter van Gaal, Guardiola und Heynckes eingeschli­ffenen Automatism­en. Und: Zu gut hat Kovac die Mannschaft unter Kontrolle gebracht, als dass sie auseinande­rfiele. Aber sonst: Ballbesitz­fußball? Oder bedingungs­loses Pressing? Am ehesten wohl ein Hybrid. Da würde sich Alphonso Davies gut einpassen. Der 18-Jährige schoss gegen Mainz seinen ersten Liga-treffer und deutete obenhin sowohl seine Schnelligk­eit als auch trickreich­e Ballbehand­lung an. Im Winter kam er aus Kanada zu den Bayern und soll immer näher an die Mannschaft herangefüh­rt werden. Ob er irgendwann vollwertig­es Mitglied des Teams wird, ist offen. Wie so viele Fragen den FC Bayern betreffend. Dass sie so sehr interessie­ren: Auch das ist eine lang erarbeitet­e Eigenart der Münchner.

 ?? Foto: dpa ?? Leon Goretzka (l.) und Torschütze Alphonso Davis.
Foto: dpa Leon Goretzka (l.) und Torschütze Alphonso Davis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany