Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bayern braucht erst eine bessere Kita-infrastruktur
Die Staatsregierung verwendet Fördergelder des „Gute-kita-gesetzes“für Familien-finanzspritzen. Das Geld wäre woanders besser eingesetzt
Habt ihr schon einen Kitaplatz? Diese Frage hören Eltern inzwischen wenige Monate nach der Geburt ihres Kindes, manchmal sogar schon davor. Auch in Bayern. Selbst in unserem konservativ geprägten Bundesland, in dem das Familienbild vom arbeitenden Vater und der kinderversorgenden Hausfrau vielerorts noch immer gerne gesehen ist, gibt es, ein Glück, arbeitende, finanziell autarke Mütter – und es werden, ein Glück, immer mehr (wie übrigens auch die daheimbleibenden Väter). Die Folge: Immer mehr Krippen- und Kindergartenplätze werden benötigt. Aber hier hat der Freistaat noch immer ein Problem. Das liegt auch an der kruden Familienpolitik der Staatsregierung. Aber dazu später.
Die Nachricht nun, dass ein Großteil der Bundesgelder, die im Rahmen des „Gute-kita-gesetzes“für die Qualitätsentwicklung in der Kindesbetreuung vorgesehen sind, von der Staatsregierung für die Einhaltung eines Wahlversprechens verwendet werden, ist eine neue Episode dieses Trauerspiels. De jure mag es legitim sein, einen Teil der Kindergartenbeitragszuschüsse daraus zu bestreiten. Quersubventionierungen gibt es in vielen Bundesländern. Dennoch: Wer in einer der Großstädte wohnt und händeringend nach einem Betreuungsplatz für sein Kind sucht, fragt spätestens nun: „Warum wird nicht erst die Kita-infrastruktur in Bayern optimiert?“Die Frage ist berechtigt. Schließlich kommt die Entwicklung, dass wieder mehr Kinder geboren werden und mehr Mütter arbeiten, nicht überraschend.
Äußerst überraschend ist eigentlich nur, wie die Staatsregierung auf diesen Trend reagiert hat. Anstatt gleich die Hausaufgaben zu machen und mit voller Finanzkraft eine gute Betreuungsinfrastruktur zu schaffen, was ja auch ein Standortvorteil für Bayern wäre, wurden erst Extra-millionen in das hochumstrittene Betreuungsgeld gesteckt. Durch diese „Herdprämie“wurde das Daheimbleiben von Müttern subventioniert, wohlwissend, dass zum einen größtenteils Frauen so auf Kosten ihrer eigenen Rentenversicherung das akute Kita-problem des Freistaats abpuffern, und zum anderen das Geld besonders sozial schwache Familien in Anspruch nehmen, deren Kinder aber gerade von einer Kita profitieren würden.
Dann aber plötzlich vor den Landtagswahlen, Überraschung!: Familiengeld für alle, unabhängig von Einkommen und Art der Kinderbetreuung. Eine Frage, die da in Elternköpfen aufploppte: Warum bekommen alle Eltern von ein- und zweijährigen Kindern nun monatlich 250 Euro vom Freistaat, anstatt diese Millionen gezielt in die Betreuungsinfrastruktur zu stecken? Im Dezember dann noch eine Überraschung: Kindergartenkindereltern sollen ab April mit 100 Euro pro Kind und Monat unterstützt werden. Anstatt hier wieder Geld nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, wäre es sinnvoller, das Geld direkt in Kitas und Personal zu investieren, weil davon mehr Kinder und Eltern profitieren. Zum Beispiel auch durch flexiblere Öffnungszeiten oder einen besseren Betreuungsschlüssel.
Und vielleicht sollten die Regierungsfraktionen mal einen Ausflug zu einem Tag der offenen Kita-tür machen und sich ansehen, wie die Lage an der Front ist. Mancherorts ist die Kita-platz-not noch so groß, dass sich sogar Hochschwangere zum Tag der offenen Tür schleppen, damit ihr Kind, obwohl noch ohne Geburtstag und Namen, bloß rechtzeitig auf der Anmeldeliste steht. Wenn Eltern keinen Betreuungsplatz finden, kann das existenzgefährdend sein. Nicht jede Familie kann sich heute leisten, dass ein Elternteil daheimbleibt. Alleinerziehende erst recht nicht.
Da wird nach dem Gießkannenprinzip
verteilt