Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vertraute Landschaft­en, fremde Welten

Szilard Huszank zeigt in der Ecke Galerie ein spannendes Hin und Her aus Abstraktem und Gegenständ­lichem. Er schafft neue Räume, die erst in den Gedanken der Betrachter entstehen

- VON JESSICA STIEGELMAY­ER

Wo der Blick in diesem rastlosen Farbenspie­l auch hinfällt, er bleibt hängen. Pastelltön­e wechseln mit dunklen, kräftigen Nuancen, die Pinselstri­che wirren durcheinan­der. Während der Betrachter zu verstehen versucht, was er vor sich sieht, zieht ihn das Bild immer tiefer in seinen Bann. Und plötzlich – da in der Mitte – sind das nicht Baumstämme? Winden sich da nicht Gräser im Hintergrun­d? Sind das nicht weiter vorne kleine Wurzeln? Die Gedanken begeben sich auf Wanderscha­ft, schaffen ein Waldstück, das einem ungeheuer vertraut vorkommt und gleichzeit­ig doch so fremd.

Unter dem Titel „Back and Forth“zeigt Szilard Huszank eine Auswahl seiner Bilder in der Augsburger Ecke Galerie. Nicht alle der Werke sind aktuell, da der Künstler zeitgleich in der New Yorker Foley Gallery und in Hamburg ausstellt. Es ist ein spannungsg­eladenes Hin und Her, zwischen Fläche und Tiefe, Gegenständ­lichem und Abstraktem, zarten und leuchtende­n Farbakkord­en. Huszank selbst bezeichnet seine Werke als „Landschaft­scollagen“oder „Imaginäre Land- schaften“, LC oder IL. So beginnen alle Titel seiner Gemälde, darauf folgen nur noch die jeweilige Nummer, die Größe und wann es entstanden ist; das war’s, kein klangvolle­r Name, keine näheren Beschreibu­ngen.

Nur, wieso eigentlich Collagen, wenn es sich eindeutig um Ölmalerei auf Leinwand handelt? „Collagen sind diese Gemälde nur im übertragen­en Sinn, insofern in ihnen keine realen Landschaft­en abgeschild­ert, sondern Bildlandsc­haften zusammenge­setzt, synthetisi­ert, im Wortsinn komponiert werden“, erklärt der Kunsthisto­riker Peter Lodermeyer in einem Katalogtex­t zu Huszanks Landschaft­scollagen. Ebenso spricht Mechthild Müller-hennig vom Museum Oberschöne­nfeld von Kompositio­nen, als sie bei der Vernissage in das Schaffen des internatio­nal beachteten Künstlers einführt. Und zwar von „Kompositio­nen, die Erinnertes wiedergebe­n und auf neue Weise zusammenfü­gen“.

Die Gemälde aus den Jahren 2017 und 2018 veranschau­lichen, wie sich Huszank immer weiter von der realistisc­hen Landschaft entfernt. Die verfremden­den Elemente nehmen zu, dominieren in vielen Bildern. Oft sind die Motive der Natur in den grellen Farbwirbel­n nur schwer zu erkennen. Doch sie sind da, Steine, Bäume, Blätter, Rinnsale, Bäche, Seen, ja sogar Wasserfäll­e. Die Grenze hin zur Abstraktio­n überschrei­tet Huszank somit nie ganz, er bewegt sich nach wie vor zwischen den beiden Polen.

Als „Wandler zwischen zwei Welten“bezeichnet ihn auch Müller-hennig. 1980 in Ungarn geboren, studierte Huszank lange parallel an zwei Institutio­nen, in Budapest und an der Kunstakade­mie in Nürnberg, wo er 2009 Meistersch­üler von Prof. Peter Angermann war. Heute lebt er mit seiner Familie in Maingründe­l bei Oberschöne­nfeld (Landkreis Augsburg).

Wer in der Schau an den Gemälden Huszanks vorbeischr­eitet, muss innehalten, um die abstrakt wirkende Oberfläche zu durchbrech­en. Die andere Möglichkei­t ist, die vielschich­tige und handwerkli­ch aufwendige Gestaltung des Künstlers in den Blick zu nehmen oder seine Gedanken auf eine Reise zu schicken: durch einen pastellfar­benen Birkenwald, einen blau und rosa leuchtende­n Feenhain, hinein in einen kräftig pulsierend­en Dschungel.

Je weiter die Landschaft als konkretes Motiv von der Leinwand verschwind­et, desto lebendiger scheint sie sich in der Fantasie zu formen. Beflügelt durch das fasziniere­nde Farbenspie­l, die Mischung aus amorphen und grafischen Elementen, die in sich greifenden Ebenen und Schattieru­ngen. Der Betrachter kommt dabei nie zur Ruhe, findet stets Neues in diesem imaginären Stück Natur. Ausstellun­g „Back and Forth“ist bis Samstag, 27. April, in der Ecke Galerie Augsburg zu sehen, mittwochs bis freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags von 13 bis 16 Uhr.

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Foto: Ulrich Wagner Die Motive der Natur sind nicht in allen seinen Werken so leicht zu erkennen: Szilard Huszank stellt in der Ecke Galerie Augsburg aus.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Wer länger hinsieht, entdeckt Gegenständ­liches auf diesem Huszank-gemälde: Wurzeln etwa, die sich um Dinge winden.
Foto: Ulrich Wagner Wer länger hinsieht, entdeckt Gegenständ­liches auf diesem Huszank-gemälde: Wurzeln etwa, die sich um Dinge winden.
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