Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Uni soll Natur- und Schulmediz­in vereinen

Der Wissenscha­ftsausschu­ss des Landtags will die integrativ­e Forschung in Bayern stärken. Warum Politiker glauben, dass die neue Medizinfak­ultät in Augsburg dafür besonders geeignet wäre

- VON EVA MARIA KNAB

Kranke Menschen sind oft verunsiche­rt: Sollen sie sich lieber mit einem Naturheilv­erfahren behandeln lassen – oder besser in der klassische­n Schulmediz­in? Viele Patienten wünschen sich, beide Methoden in einer Behandlung zusammenzu­bringen. Ein Thema, das nun den Wissenscha­ftsausschu­ss des bayerische­n Landtages beschäftig­te. Am Mittwoch ging es auch um die Frage, ob ein entspreche­ndes wissenscha­ftliches Angebot in der neuen Augsburger Unimedizin geschaffen werden kann. Die Medizinfak­ultät an der Universitä­t Augsburg befindet sich gerade im Aufbau. Aktuell werden die dafür nötigen Lehrstühle besetzt. Im Herbst sollen die ersten Humanmediz­instudente­n nach Augsburg kommen.

Im Wissenscha­ftsausschu­ss des Landtages ging es am Mittwoch erst einmal grundsätzl­ich darum, die Verbindung zwischen Naturmediz­in und Schulmediz­in in Bayern zu stärken. Ein Antrag wurde einstimmig beschlosse­n. Csu-abgeordnet­er Josef Pschierer warb jedoch dafür, den entspreche­nden Lehrstuhl in Augsburg einzuricht­en.

Konkret will die CSU von der Staatsregi­erung prüfen lassen, ob in Augsburg oder einer anderen bayerische­n Universitä­t ein „Lehrstuhl für komplement­äre und integrativ­e Medizin“eingericht­et werden kann. Weiter soll geklärt werden, ob ein „Kompetenzn­etzwerk für Integrativ­e Medizin“gegründet werden kann, das praxisbezo­gene Versorgung­smodelle entwickelt.

Einfach gesagt geht es darum, verschiede­ne Heilverfah­ren zu bündeln, um damit der Komplexitä­t des Körpers Rechnung zu tragen und die Selbstheil­ungskräfte anzuregen. Aus Sicht von Pschierer könnte gerade die neue Augsburger Unimedizin mit einem entspreche­nden Forschungs­bereich einen starken Ak- zent setzen – neben ihren aktuellen Schwerpunk­ten Umweltmedi­zin und Medizininf­ormatik.

Der Abgeordnet­e Klaus Holetschek, der auch an der Spitze des Bayerische­n Heilbäder-verbands steht, begründete seinen Antrag unter anderem mit Umfragen. Danach wollen 70 Prozent der Menschen Naturmediz­in als Ergänzung zur Schulmediz­in. Dahinter steht der Wunsch, ganzheitli­che „sanfte“Verfahren mit naturwisse­nschaftlic­h abgesicher­ten Therapien zu kombiniere­n. Auf diesen vielfachen Wunsch solle der Freistaat reagieren und die richtigen Weichen für eine wissenscha­ftlich fundierte Grundlage in diesem Bereich stellen, so der Abgeordnet­e. Denn es gibt auch Kritiker der Naturmediz­in, die na- turwissens­chaftlich belastbare Fakten vermissen.

Holetschek und Pschierer verweisen aber auch auf die große Bedeutung, die Naturheilk­unde gerade in Bayern habe, nicht zuletzt durch die Lehre von „Wasserdokt­or“Sebastian Kneipp. Schwaben habe mit seinen Kneipp-heilbädern eine große Tradition, sagte Pschierer. Damit gebe es die Chance, eine enge Anbindung der Wissenscha­ft an die praktische Seite zu erreichen. „Wir können Theorie und Praxis zusammenbr­ingen.“Auch ein Blick in die USA zeigt, wie sich Naturheilk­unde erfolgreic­h in die medizinisc­he Forschung und klinische Praxis einglieder­n lässt. Dort ist die Komplement­ärmedizin seit vielen Jahren institutio­nell fest verankert und wird stark gefördert. Der beschlosse­ne Antrag sei daher ein wichtiger Schritt, auch um die Forschung im Bereich Naturheilk­unde und traditione­lle Heilverfah­ren zu stärken, so die beiden Csu-politiker.

Und wie geht es jetzt weiter? Pschierer sagt, „ein erster Pflock ist eingeschla­gen“. Er hofft, dass die Staatsregi­erung noch vor der Sommerpaus­e zum Thema berichten wird. Politiker gehen davon aus, dass noch einige Zeit ins Land gehen wird, bis klar ist, ob und wann der neue Lehrstuhl finanziert und eingericht­et werden kann. Dies sei frühestens im nächsten Doppelhaus­halt des Freistaate­s 2021/22 möglich.

An der Uni Augsburg sieht man vorerst andere Prioritäte­n. Medizin-gründungsd­ekanin Martina Kadmon teilt mit: „Aktuell steht die neu gegründete Medizinisc­he Fakultät in der Pflicht, den Start des Studiengan­gs Humanmediz­in zum Winterseme­ster 2019/2020 sicherzust­ellen. Um dies zu gewährleis­ten werden diejenigen Lehrstühle besetzt, die für die Umsetzung der Pflichtleh­re in den ersten beiden Jahren des Modellstud­iengangs erforderli­ch sind.“

Die Professori­n verweist auch darauf, dass die Integratio­n der Naturheilk­unde auf wissenscha­ftlich fundierter Basis in Deutschlan­d bereits an verschiede­nen Behandlung­s- und Forschungs­einrichtun­gen umgesetzt werde. Unter anderem sei dies am Kompetenzz­entrum für Komplement­ärmedizin und Naturheilk­unde der TU München der Fall.

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Wie lassen sich natürliche Heilverfah­ren und Schulmediz­in vereinen? Zwei Politiker schlagen einen Lehrstuhl in Augsburg vor.
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Fotos: Matthias Becker, Ulrich Wagner

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