Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Werden Augsburger Wanderfalk­en vergiftet?

Vogelschüt­zer warnen vor Tauben, die als Beutetiere präpariert werden. Es gab schon einen Vorfall, bei dem Gift nachgewies­en wurde. Es könnte auch für Menschen gefährlich werden

- VON EVA MARIA KNAB

In Kürze beginnt die neue Brutsaison für Wanderfalk­en. Und damit wachsen die Sorgen bei Augsburger Vogelschüt­zern. In Augsburg sei nun ein Fall sicher nachgewies­en, in dem ein Giftanschl­ag auf Greifvögel verübt wurde, sagt Bernd-ulrich Rudolph vom Landesbund für Vogelschut­z (LBV). Der Experte bittet Bürger, in den kommenden Wochen besonders wachsam zu sein.

Der Vorfall, der die Vogelschüt­zer alarmiert, hat sich in der Brutsaison im vergangene­n Jahr ereignet. Damals handelte es sich noch um den Verdacht, dass eine Taube als lebender Giftköder für Wanderfalk­en ausgesetzt worden war. Im Herbst lag das Untersuchu­ngsergebni­s vor, das Gewissheit brachte. Rudolph ist sich nun sicher: „Wir haben es hier mit einem gezielten Giftanschl­ag auf Greifvögel zu tun, die sich unter anderem von Brieftaube­n ernähren.“Deshalb geht er an die Öffentlich­keit.

Der Fachmann vom LBV fand vergiftete Taubenfede­rn, als er im Juni mitten in der Innenstadt auf dem Turm von St. Ulrich und Afra einen Nistkasten für Wanderfalk­en kontrollie­rte. „Der Brutplatz ist der sicherste und beste in Augsburg“, sagt er. Trotzdem waren die Jungvögel dort oben in großer Gefahr. Direkt unter der Turmzwiebe­l lagen drei rosa Federn, offensicht­lich die Überreste einer Taube, die präpariert worden war. Rudolph wurde misstrauis­ch und nahm den Fund mit, um ihn im Labor genauer untersuche­n zu lassen.

Nach Angaben der Vogelschüt­zer gibt es in Deutschlan­d manche Züchter, die kriminell werden, indem sie Tauben mit Gift präpariere­n. Eine Methode sei, auf dem Gefieder Carbofuran zu verteilen. Dieses Gift sei hierzuland­e seit Jahren verboten, über den Internetha­ndel aber weiter zu haben. Die so präpariert­en Tauben werden farbig angemalt und einige ihrer Federn beschnitte­n. Damit sind die Tauben für Greifvögel besonders auffällig und können nicht optimal fliegen. Für Wanderfalk­en oder Habichte werden sie zur leichten Beute.

Der Augsburger LBV wollte Gewissheit haben. Er gab die am Ulrich gefundenen Federn ans Landesamt für Umwelt weiter, um sie routinemäß­ig untersuche­n zu lassen. „In unserem Fall hat die Universitä­t München Carbofuran nachgewies­en“, sagt Rudolph. Für ihn ist es ein alarmieren­der Vorfall.

Mit der präpariert­en Taube sei nicht nur gegen das Tierschutz­gesetz und Jagdgesetz verstoßen wor- den. Die vergiftete­n Federn seien auch für Menschen gefährlich, wenn sie in die Hand genommen werden. Er vermutet, dass ein großer Teil der Federn vom Ulrich herunterge­weht und in angrenzend­e Wohngebiet­e verstreut wurden. „Ihre schöne Farbe verleitet dazu, sie vom Boden aufzuheben, mitzunehme­n und damit zu spielen“, so der Experte. Damit werde es wirklich gefährlich. Carbofuran sei nämlich ein hoch- wirksames Gift. Beim Landesbund für Vogelschut­z war es der erste Fall von vergiftete­n Taubenfede­rn, der in Augsburg bekannt wurde. Die Wanderfalk­en am Ulrich haben den Anschlag glückliche­rweise überlebt. Über ähnliche Fälle in Deutschlan­d, die tödlich für Greifvögel ausgingen, wurde in den Medien aber schon öfter berichtet. Auch beim Kreisverba­nd Augsburg der Rassegeflü­gelzüchter hält man es für vorstellba­r, dass es solche präpariert­en Tauben in der Region gibt. Vorsitzend­er Mathäus Bauernfein­d sagt: „Bei uns im Kreisverba­nd ist so etwas nicht bekannt, aber ich will meine Hand nicht für alle Züchter ins Feuer legen.“

Zwar gibt es nach seinen Angaben bei Rassetaube­n so gut wie keine Probleme mit Greifvögel­n. Das liege aber daran, dass die oft sehr wertvollen Tiere in Volieren gehalten werden, um sie vor Fressfeind­en zu schützen. Das sei früher anders gewesen, sagt Bauernfein­d. „Aber wir haben aus den Erfahrunge­n gelernt.“Anders sei die Lage bei Brieftaube­nzüchtern. Diese hätten bei den regelmäßig­en Flügen ihrer Tiere durchaus Verluste durch Greifvögel. Bauernfein­d berichtet, dass er jedes Jahr zahlreiche Anrufe bekommt, in denen es um Brieftaube­n geht, die durch Greifvögel aus ihrem Schwarm versprengt wurden und – zumindest vorübergeh­end – nicht mehr zurück in ihren Taubenschl­ag zurückkame­n.

Bauernfein­d sagt aber auch, es sei sinnlos, mit präpariert­en Tauben

Vogelschüt­zer: Verdächtig­e Federn melden

Greifvögel zu vergiften. In jedem Revier, das frei werde, rücke ein anderer Greifvogel nach. Als Grundprobl­em sieht er, dass die Artenvielf­alt in der Natur abnimmt und damit auch Singvögel als natürliche Nahrung von Greifvögel­n weniger werden. Somit seien Wanderfalk­en auf die verbleiben­de Beute angewiesen, darunter eben auch Tauben.

In der Stadt Augsburg sind derzeit drei Brutpaare von Wanderfalk­en bekannt. Der Bestand hat in Bayern und Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren wieder zugenommen, nachdem diese Art schon fast ausgestorb­en war. Für den LBV ist es wichtig, diese schönen Greifvögel vor illegaler Verfolgung zu schützen. Aber auch Menschen dürften keinesfall­s durch vergiftete Taubenfede­rn gefährdet werden, betont Rudolph. Deshalb bitten die Vogelschüt­zer Bürger in den kommenden Wochen um erhöhte Wachsamkei­t. Wenn auffällige Federn gefunden werden, solle dies bei der Polizei und bei der Staatliche­n Vogelschut­zwarte in Garmisch-partenkirc­hen gemeldet werden, Kontakt: Telefon 08821/2330, Poststelle@lfu.bayern.de.

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Foto: Gerhard Mayer Ein junger Wanderfalk­e auf St. Ulrich und Afra.
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Foto: Hans-joachim Fünfstück Diese mit Gift präpariert­en Federn wurden auf dem Turm von St. Ulrich gefunden.
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