Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hautnah Neue Musik erleben
Musikreihe startet mit Markus Mehr
Frau Lichtinger, „Jetztmusik“fördert die sogenannte Neue Musik. Was versteht man eigentlich unter dieser Musikrichtung?
Lichtinger: Das ist die Kunstmusik, die nach der Klassischen Moderne im 20. und 21. Jahrhundert komponiert, aber auch improvisiert wurde – also auch elektronische und akustische Musik.
Zählen dazu auch Pop und Jazz? Lichtinger: Nein. Unter Neuer Musik versteht man die Weiterführung der klassischen Musik vom Mittelalter über Renaissance, Barock, Klassik, Romantik und Klasssiche Moderne.
Hat es diese Neue Musik schwer? Lichtinger: Ja, denn sie reagiert auf die Gegenwart und da diese ihre Schrecken und Probleme hat, ist auch die Musik, die sich damit beschäftigt, nicht nur schön, sondern sperrig.
Zum Beispiel?
Lichtinger: Es gibt zum Beispiel Kompositionen, die im Zuge der Flüchtlingswelle entstanden sind. Das kann natürlich nicht angenehm sein, wenn man sich damit beschäftigt, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken. Ich habe das selbst jüngst bei einem Konzert in München erlebt, als eine Frau in der Reihe hinter mir zu weinen begonnen hat.
Kann Neue Musik auch schön sein? Lichtinger: Ja natürlich, wenn man zum Beispiel an die Minimal Music denkt oder die Kompositionen von Ludovico Einaudi, das ist gefälliger, aber eben auch kommerzieller. Grundsätzlich hat die Neue Musik viele faszinierende Facetten, deshalb sollte man dem gegenüber aufgeschlossen sein.
Am Samstag startet die neue Musikreihe „Meet the Artist“mit einem Konzert des Klangkünstlers Markus Mehr. Was erwartet das Publikum? Lichtinger: Mehr beschäftigt sich mit den Klängen von Räumen und mixt diese mit elektronischen. Bei unserem neuen Konzert-format soll es aber nicht nur um das Hörerlebnis gehen. Das wird nie länger als 30 oder 40 Minuten sein. Wir haben einen kleinen Raum wie das Holbeinhaus gewählt, damit die Zuhörer hautnah am Künstler sein können. Danach soll das Publikum die Gelegenheit haben, auf den Künstler zuzukommen.
Warum ist Ihnen dieses Format so wichtig?
Lichtinger: Weil Neue Musik für viele Menschen eben noch Neuland ist und sie damit verbinden, dass sie unzugänglich ist. Deshalb als Hinführung zu dieser Musik das kurze Konzert und danach aber die Möglichkeit, mit seiner Ratlosigkeit oder Befremdung an den Künstler heranzutreten. Dabei kann man auch etwas über die Hintergründe und Spieltechniken erfahren. Uns liegt daran, mit diesen kleinen Konzerten aufklärerische Arbeit zu leisten.
Sie arbeiten dafür mit den Kunstsammlungen zusammen.
Lichtinger: Die Neue Musik ist quasi das Pendent zur Neuen Kunst und passt von daher sehr gut in das H2-zentrum für Gegenwartskunst, wo wir ja schon größere Konzerte veranstaltet haben. Für den kleineren Rahmen gehen wir jetzt ins Höhmannhaus, um die Zuhörer möglichst nahe heranzulassen.
Interview: Birgit Müller-bardorff
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Konzert Markus Mehr – Brief Conversations, Samstag, 19. Oktober um 18 Uhr im Höhmannhaus