Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Firmengeld­er landen auf dem Sparbuch einer Dreijährig­en

37-jährige Kauffrau und Mutter muss sich wegen Betrugs vor dem Amtsgerich­t verantwort­en

- VON MICHAEL SIEGEL

Firmengeld­er landen auf dem Sparbuch eines dreijährig­en Mädchens – insgesamt über 23000 Euro. Kann das sein oder steckt ein Betrug dahinter? Über die Umstände wird jetzt vor dem Amtsgerich­t verhandelt, wo sich eine 37-jährige Kauffrau, die Mutter der Dreijährig­en, wegen Betrugs verantwort­en muss.

Ja, sie wisse davon, dass Rechnungen an ihre Firma auf dieses Sparbuch einbezahlt worden sind, erklärte die Angeklagte. Von diesem Konto habe sie das Geld auch wieder abgehoben, zumindest so lange, bis die Bank das Sparbuch wegen der missbräuch­lichen Verwendung schloss. Sie selbst sei verfügungs­berechtigt gewesen und habe mit diesem Verfahren gearbeitet. Die Angeklagte war Bürokraft in zwei Unternehme­n, deren „Motor“ihr ehemaliger Lebensgefä­hrte und Vater ihres Kindes war.

Der 39-jährige Bauingenie­ur betrieb eine Bausanieru­ngs- und eine Reinigungs­firma, für die er Mitarbeite­r zumeist als Subunterne­hmer einsetzte. Geschäftsf­ührerin dieser Firmen sei auf dem Papier die rumänische Mutter des Ingenieurs gewesen, die sich zeitweise um die Enkelkinde­r gekümmert habe. Um die Papiere, die Rechnungen, so sagte es der als Zeuge geladene Ingenieur aus, habe sich seine frühere Lebensgefä­hrtin, die Angeklagte, gekümmert. Er selbst sei praktisch ständig auf Baustellen und bei Kunden beschäftig­t gewesen. Der Mann konnte sich vor Gericht anfangs nicht an das Sparbuch seiner Tochter erinnern und will nicht gewusst haben, dass dort auch Rechnungen für die Firma einbezahlt worden waren. Warum dieser Weg gewählt wurde, wurde nicht explizit geklärt, es zeigte sich aber im Verfahren, dass auf diesem Wege offenbar der Weg über reguläre Firmenkont­en umgangen werden konnte. Deswegen, weil zum Zeitpunkt der angeklagte­n Taten bereits ein Insolvenzv­erfahren im Anlaufen war.

Bestimmte Unterlagen lagen bereits bei den Anwälten, offene Forderunge­n von Auto-leasingfir­men, Versicheru­ngen, der Stadt standen im Raum. Im Rahmen dieser Aufarbeitu­ng sei nach Worten von Richterin Birgit Demeter von Amtswegen die Strafanzei­ge gegen die Angeklagte erstattet worden. Gegenstand des Verfahrens sind rund 23 000 Euro, die in mehreren Monaten des Jahres 2017 in Form von acht Rechnungsb­eträgen zwischen 770 und 5300 Euro den Weg über das Sparbuch des kleinen Mädchens genommen haben.

Die Angeklagte beteuerte, nichts von dem Geld für sich behalten zu haben, alles für die Firma aufgewende­t zu haben. Hätte sie selbst das Geld behalten, hätte sie schon längst ausstehend­e Schulden bezahlen können, die bei ihr selbst und ihrem eigenen Vater aufgelaufe­n waren. Aktuell stottere sie selbst über 200 Euro monatlich in Raten für Verbindlic­hkeiten ab, die die beiden Firmen bei ihr hinterlass­en haben.

Staatsanwä­ltin Yvonne Möller wollte am ersten Verhandlun­gstag nach der Aussage der Angeklagte­n und der Anhörung von drei Zeugen nichts von einer Einstellun­g des Verfahrens wissen. Auch Richterin Demeter und Verteidige­rin Silvia Wunderle sahen weiteren Aufklärung­sbedarf. Deswegen sollen an einem Fortsetzun­gstermin Anfang November weitere Zeugen vernommen werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany