Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Virus: Polizei kontrolliert
Die Augsburger sind schon jetzt spürbar weniger draußen unterwegs, aber zu viele sind laut OB Kurt Gribl noch uneinsichtig gewesen. Wie die Menschen auf die strengen Ausgangsbeschränkungen reagieren
Die Polizei will genau kontrollieren, ob die Corona-regeln eingehalten werden. Wie die Menschen auf die Ausgangsbeschränkungen reagieren.
Den Kuhsee in Augsburg komplett absperren – selbst dies wäre ein Mittel, um die Ausbreitung des Coronavirus im Stadtgebiet einzuschränken. Momentan ist das beliebte Erholungsgebiet weiterhin zugänglich. Dass die Stadt aber darüber nachdenkt, bestimmte Orte und Plätze zu sperren, bestätigte Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) am Freitag. Es hänge davon ab, wie gut sich die Menschen an die strikten Ausgangsbeschränkungen halten, die jetzt in Bayern gelten. Sie sehen unter anderem vor, dass man nur noch alleine oder zusammen mit Angehörigen des eigenen Haushalts draußen unterwegs sein darf. Gribl warnt: „Wenn wir sehen, dass es zu viele Uneinsichtige gibt, dann müssen wir weitere Maßnahmen treffen.“
Die Polizei hatte seit Donnerstagmorgen immer wieder Einsätze, bei denen sie sogenannte Corona-partys beenden musste. Vor allem jüngere Menschen hätten sich im Freien getroffen und dort gefeiert oder zusammengesessen – trotz des Versammlungsund Veranstaltungsverbots. Im gesamten Bereich das Augsburger Präsidiums, der bis ins Nördlinger Ries reicht, habe es rund 100 Einsätze wegen Verstößen gegen die Corona-regeln gegeben, sagt Polizeisprecher Michael Jakob. In Augsburg sei etwa in einigen Parks und am Wertachufer weiterhin viel los gewesen. Restaurants und Geschäfte hielten sich dagegen nun größtenteils an die Regeln.
Die Stimmung auf den Straßen ist am Freitagnachmittag gedrückt. Für Krankenschwester Cordula Engelmann sind strengen Ausgangsbeschränkungen der richtige Schritt. Sie glaubt: „Dann kommen die Menschen zu Besinnung.“Für das Gesundheitswesen sei es jetzt r schon große eine Herausforderung. Bei ihrer Arbeit bekomme sie die Folgen der Virusausbreitung bereits zu spüren. Langsam scheint der Ernst der Lage den meisten Menschen bewusst zu sein. Beispiel Maximilianstraße: Am Donnerstag liefen um kurz nach 20 Uhr nur wenige Passanten durch die Maximilianstraße. Kaum Autos waren unterwegs, dagegen gab es freie Parkplätze in großer Zahl. Der Rathausplatz war um kurz vor 20.30 Uhr nahezu leer. Weil Bars, Klubs, Restaurants und Fitnesscenter geschlossen sind, gab es für die meisten Menschen keinen Anlass mehr, vor die Tür zu gehen. Am Freitag zeigt sich am Rathausplatz auch tagsüber ein anderes Bild als sonst. Stühle, Bänke sind nur spärlich besetzt. Jugendliche, die noch vor wenigen Tagen in größeren Gruppen die Sonne auf genossen haben, sieht man nur vereinzelt. Constantin Ammann, der mit einem weiteren jungen Mann auf der Bank sitzt, kann die strengeren Maßnahmen verstehen. Rund zwei
Meter Abstand haben die beiden Männer auf der Bank zwischen sich gelassen. „Ich halte es für sinnvoll“, sagt er. „Wir haben uns in den vergangenen Tagen schon beschränkt.“Sein Begleiter stimmt ihm zwar zu, sagt aber auch: „Trotzdem finde ich die Androhung vor wenigen Tagen, Ausgangssperren zu verhängen, leichtfertig kommuniziert. Es stellt schließlich eine Einschränkung der Grundrechte dar.“
Kritischer sieht Gabriele Langner die strenge Ausgangsbeschränkung. „Es gab schon immer massive Viren“, sagt sie. „Das hat sich dann im Sand verlaufen.“Sie findet die Maßnahmen übertrieben. Die strengen Einschränkungen würden die Menschen zusätzlich nervös machen. Sie wundere sich daher, über die Bereitschaft, sich so einschränken zu lassen. Sie meint: „Ich frage mich, ob das die wirtschaftlichen Folgen wert sind?“Sam Kudjoe und Christina Gretz sehen die Entwicklung eher gelassen. Beide hätten sich in den vergangenen Tagen sich zwar nicht isoliert, sagen sie, aber Ansammlungen auch nicht bewusst aufgesucht. „Ich verstehe, dass die Maßnahmen umgesetzt werden müssen, in anderen Ländern hat es ja geholfen“, sagt Kudjoe. Für Gretz könnten die Maßnahmen sogar noch strenger sein. „Es müsste die Stadt desinfiziert werden, damit das Virus verschwindet.“In ihrem Freundeskreis seien die Meinungen ganz unterschiedlich, erzählt Sam Kudjoe: „Einige glauben, es handelt sich um eine Verschwörungstheorie, andere nehmen es meiner Ansicht nach zu ernst.“
Vor einem Geschäft in der Innenstadt stehen indes drei Frauen und unterhalten sich. Sie bleiben dabei aber auf Abstand. Ihren Namen möchte keiner von ihnen in der Zeitung lesen. Eine Frau zeigt sich verärgert über die Uneinsichtigkeit vieler junger Menschen, weshalb nun solch strenge Maßnahmen getroffen werden müssen.
OB Kurt Gribl appelliert am Freitag an die Augsburg, sich an die Regeln zu halten – und dennoch solidarisch zu bleiben. Er bedankt sich auch bei den „allerallermeisten“, die sich vernünftig verhielten. Jene, die weiter nicht vernünftig sind, wird die Polizei nun besonders in den Fokus nehmen. In einer Mitteilung der Polizei heißt es: „Vor dem Hintergrund der anhaltend steigenden Infektionszahlen wird die Polizei in Nordschwaben konsequent gegen Verstöße vorgehen und diese ahnden!“Schon die Form zeigt, dass die Lage ernst ist. Ein Ausrufezeichen benutzt die Polizei in ihren Pressemitteilung sonst so gut wie nie.