Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Höcke stellt AFD vor Zerreißpro­ben“

Was der schwäbisch­e Afd-chef Gerd Mannes von seinem omnipräsen­ten Parteikoll­egen hält

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Sie haben vor nicht allzu langer Zeit gesagt: „Die AFD ist eine Partei, die jede Form von Extremismu­s ablehnt.“Jetzt darf man mit Verweis auf das Bundesamt für Verfassung­sschutz die Afd-politiker Björn Höcke, Andreas Kalbitz und ihre Anhänger im „Flügel“als „Rechtsextr­emisten“bezeichnen. Müssen Sie sich korrigiere­n? Mannes: Die AFD ist nicht Ursache, sondern Wirkung einer verfehlten Politik. Sie ist die einzige bürgerlich­konservati­ve Opposition­skraft. Sie wendet sich gegen die verpfuscht­e Energiewen­de, die ausufernde Bürokratis­ierung, die Umwandlung der EU zu einer Transferun­ion, die unkontroll­ierte und rechtswidr­ige Masseneinw­anderung, die Verunglimp­fung der Diesel-technologi­e und Fahrverbot­e und die kommende strukturel­le Konjunktur­krise mit Massenentl­assungen. Diese Stimme darf nicht verstummen.

Ich kenne Ihre politische­n Überzeugun­gen, aber das war nicht die Frage. Mannes: Es gibt keine klare Definition von rechtsextr­em. Was die Sprache betrifft, so trifft es zu, dass einige Mitglieder unserer Partei rhetorisch überziehen. Ein Beispiel: Ich habe mich ganz klar von dem Begriff „parasitäre Einwanderu­ng“distanzier­t. Aber auch der politische Gegner verwendet einen Sprachstil, der in eine Richtung geht, die ich ablehne. Csu-generalsek­retär Blume spricht von „braunem Schmutz“, CSU-CHEF Söder will uns „bis aufs Blut bekämpfen“, Spd-chefin Esken will Berufsverb­ote gegen Afdmitglie­der erwirken. Diese Sprachverr­ohung wurde von Ihnen bisher nicht öffentlich angeprange­rt.

Ich rede aber jetzt mit Ihnen über Ihre

Partei. Sie selbst nennen sich einen Wirtschaft­sliberalen und distanzier­en sich vom „Flügel“. Was tun Sie dann noch in der AFD?

Mannes: Der „Flügel“wurde gegründet, um die Gründungsi­deale hochzuhalt­en. Zwischenze­itlich aber führt der „Flügel“ein Eigenleben mit eigenen Veranstalt­ungen, eigenem Fanshop und eigenen Konten. Das kritisiere ich, weil es nicht zielführen­d ist für die Schlagkraf­t der AFD. Der Einfluss des „Flügels“in Bayern wird überschätz­t. Höcke hatte vor einem Jahr gesagt, dass unser Landesschi­edsgericht eine Laienspiel­gruppe sei, die abgewählt gehöre. Diese Einmischun­g habe ich damals zurückgewi­esen. Fakt ist, dass Mitglieder dieselben Richter wieder ins Amt gewählt haben.

Die AFD in Bayern folgt Herrn Höcke also nicht?

Mannes: Höcke bringt regelmäßig Unruhe in die Partei und stellt die AFD vor Zerreißpro­ben. In Krisenzeit­en, wie wir sie aktuell mit Corona erleben, spricht Höcke davon, parteiinte­rne Kritiker müssten „ausgeschwi­tzt“werden. Er meint, sie so lange zu vergraulen, bis sie austreten. Ich habe kein Verständni­s dafür, dass er so über bayerische Mitglieder oder Funktionst­räger herzieht. Jedes Mitglied in Bayern hat sich im Wahlkampf mächtig eingesetzt für die AFD. Wer, wie Herr

Höcke, Kritiker rausschmei­ßt oder rausschmei­ßen will und nur Ja-sager um sich schart, zeigt Führungssc­hwäche. Das ist im Grunde genau das, was wir Frau Merkel vorwerfen. Jetzt fordert Höcke uneingesch­ränkte Einigkeit, obwohl er selbst den Streit vom Zaun gebrochen hat. Dafür fehlt mir jedes Verständni­s.

Am Freitag wurde bekannt, dass der Afd-bundesvors­tand die Auflösung des „Flügels“fordert. Was halten Sie davon?

Mannes: Die Auflösung des „Flügels“und dessen Parallelst­rukturen wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn sich die Anhänger des „Flügels“in Zukunft weiter parteischä­digend verhalten oder äußern, dann wäre deren freiwillig­er Parteiaust­ritt oder deren Parteiauss­chluss der nächste logische Schritt.

Ihre Parteifreu­nde in Bayern, die mit den Extremiste­n angeblich nichts zu tun haben wollen, fallen in der öffentlich­en Debatte kaum auf. Wie sollen die Bürger Ihnen da glauben, dass es in der bayerische­n oder schwäbisch­en AFD eine zwar rechtskons­ervative, aber verfassung­streue Mehrheit gibt? Wie sollen sie das glauben, wenn die Landtagsfr­aktion offenkundi­g von HöckeLeute­n dominiert wird?

Mannes: Wie kommen Sie zu dieser Behauptung?

Durch die Wortwahl. Fraktionsc­hefin Ebner-steiner behauptet, Bayern drohe zu einer „multiethni­schen Besiedlung­szone“zu werden, Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Christoph Maier warnt davor, das deutsche Staatsvolk solle durch Afrikaner „ersetzt“werden. Mannes: Als AFD stehen wir unter besonderer Beobachtun­g. Wir müsunsere sen unbedingt durch Sacharbeit glänzen. Wir kritisiere­n nicht Migration an sich, sondern illegale Migration. Ich hoffe, Ebner-steiner und Maier haben gemeint, dass wir selbstvers­tändlich nicht alle Flüchtling­e in Deutschlan­d und Europa aufnehmen können, insbesonde­re nicht durch illegale Migration.

Wann fangen Sie mit der Sacharbeit an? Bisher gab es nur zwei Pressekonf­erenzen Ihrer Fraktion im Landtag. Mannes: Besser geht immer. Der Start der Landtagsfr­aktion war durchaus holprig. Zwischenze­itlich sind wir mit unseren Mitarbeite­rn gut aufgestell­t, um Anfragen und Anträge zu stellen. Kürzlich hat Herr Söder vor der Ministerpr­äsidenten-konferenz niedrigere Strompreis­e gefordert. Das fordern wir schon lange. Die CSU hat aber all unsere entspreche­nden Anträge abgelehnt.

Trotzdem liegt es doch an Ihnen, mit Ihren Themen auch in die Öffentlich­keit zu kommen. Von der Fraktionss­pitze aber kommt nichts …

Mannes: Das stimmt nicht ganz. Wir haben nach dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“Verfassung­sklage gegen das Artenschut­zgesetz erhoben. Aber es ist richtig, dass wir noch Potenzial nach oben haben. Wir sollten den Fraktionsv­orstand möglichst bald so besetzen, dass er alle Strömungen in der Partei repräsenti­ert. Interview: Uli Bachmeier

Gerd Mannes, 51, kommt aus Leipheim im Landkreis Günzburg und sitzt seit 2018 für die AFD im Landtag.

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Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa Björn Höcke bringt Unruhe in die Partei, sagt Gerd Mannes.
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