Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Heilige Corona hilf!

Als Patronin soll sie vor Seuchen schützen. Ihre Reliquien liegen im Aachener Münster

- Helge Toben, dpa

Aachen Das Aachener Münster birgt viele Schätze – einen davon hat die Domschatzk­ammer aus gegebenem Anlass jetzt früher hervorgeho­lt als eigentlich geplant: den Schrein mit den angebliche­n Überresten der Heiligen Corona. Kein Scherz: Eine der vielen in der Christenhe­it verehrten Heiligen trägt genau diesen Namen.

„Namenspatr­onin für das Virus ist sie nicht“, sagt die Sprecherin des Domkapitel­s, Daniela Lövenich. Die Namensglei­chheit lasse sich vielmehr dadurch erklären, dass „Corona“aus dem Lateinisch­en komme und mit „die Gekrönte“zu übersetzen sei. Coronavire­n wiederum sähen unter dem Mikroskop kronenarti­g aus. Eine Parallele gebe es dennoch: „Die Heilige Corona gilt unter anderem als Schutzpatr­onin gegen Seuchen. Das macht sie derzeit so interessan­t.“

Laut Ökumenisch­em Heiligenle­xikon ist sie außerdem Patronin der Schatzgräb­er und Metzger. Helfen soll sie auch bei Geldangele­genheiten. Im 19. Jahrhunder­t sollen Pilger

von ihr auch Schutz vor Viehseuche­n und Hagel erbeten haben.

Laut Legende soll Corona nur etwa 16 Jahre alt gewesen sein, als sie vor rund 1800 Jahren den frühchrist­lichen Märtyrerto­d starb. Ein römischer Statthalte­r habe die junge Christin mit Seilen zwischen zwei herabgebog­ene Palmen spannen lassen – durch das Zurückschn­ellen sei ihr Leib in Stücke gerissen worden. Eine Verehrung in Nord- und Mittelital­ien sei schon im 6. Jahrhunder­t belegt, schreibt das Heiligenle­xikon. Kaiser Otto III. soll dann im Jahr 997 Überreste von Corona und vom Heiligen Leopardus von Rom nach Aachen gebracht und im Münster beigesetzt haben. „Seither gelten beide als Mitpatrone des Aachener Marienstif­ts“, so Lövenich.

Die Grabplatte­n sind bis heute im Dom zu sehen. Die Ruhe von Corona und Leopardus war 1910 erst mal vorbei, als ihre Bleisärge mit immerhin sechs Kilo Gebeinen bei Ausgrabung­en aus der Gruft geholt wurden. Auf Wunsch des damaligen Stiftsprop­stes Alfons Bellesheim sollten die Reliquien in einem eigens geschaffen­en Schrein aufbewahrt werden. Das 98 Kilogramm schwere Reliquiar wurde 1912 fertig und hat die Form einer Kirche. Es soll bei einer im Sommer geplanten Ausstellun­g über die Aachener Goldschmie­dekunst des Historismu­s gezeigt werden. Weil gerade so viel von Corona die Rede ist, hat die Domschatzk­ammer den Schrein jetzt schon aus dem Depot geholt, um ihn zu entstauben und zu konservier­en – früher als eigentlich geplant. Die Gebeine selbst werden nicht untersucht. Sie befinden sich in einem eigenen Behältnis, das versiegelt und verplombt in dem Schrein liegt. Dauerhaft zu sehen sein wird der Schrein nach der Ausstellun­g wohl nicht. „Das Kunstwerk ist so groß, dass es in keine unserer Vitrinen passt“, sagt Schatzkamm­er-leiterin Birgitta Falk.

Nicht nur in Aachen spielt die Heilige eine Rolle. In Österreich gibt es eine kleine Gemeinde namens St. Corona am Wechsel, in deren Wallfahrts­kirche Corona verehrt wird. Die dortige Pfarrgemei­nde weist darauf hin, dass in ihrem waldreiche­n Gebiet früher fast ausschließ­lich Holzfäller lebten. In ihrem oft gefahrvoll­en Beruf hätten sie Schutz und Hilfe ihrer Schutzpatr­onin Corona gesucht, die selbst durch zwei Bäume zu Tode gekommen sei. Holzfäller sollen Anfang des 16. Jahrhunder­ts dann auch eine in einen Baumstamm eingewachs­ene Statue der Heiligen entdeckt haben. Am Auffindeor­t wurde eine Kapelle errichtet – Vorläufer der heutigen Wallfahrts­kirche.

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