Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn aus Freunden Konkurrent­en werden

Beim Geld hört die Freundscha­ft auf, besagt ein Sprichwort. Aber auch wenn Freunde oder gar Paare um einen Job konkurrier­en, gibt es viel Konfliktpo­tenzial. Was Experten raten, damit die Beziehung die Situation übersteht

- Elena Zelle, dpa

Hamburg/oldenburg Volontaria­t beim öffentlich-rechtliche­n Rundfunk, Doktorande­nstelle, Referendar­iat in einer renommiert­en Kanzlei: In manchen Branchen sind die Jobs für Berufseins­teiger rar – und somit heiß umkämpft. Dann werden manchmal Freunde oder gar Pärchen, die sich im Studiengan­g kennengele­rnt haben, zu Konkurrent­en – zumindest beruflich. Gleiches kann natürlich auch Berufserfa­hrenen passieren, die zur selben Zeit den nächsten Karrieresc­hritt anstreben. Wie gehen Freunde oder Paare am besten damit um?

Bei diesem Thema sollte man sich über eine Grundvorau­ssetzung im Klaren sein, wie Psychologi­n und Coach Kristine Qualen sagt: „Man sieht sich immer zweimal im Leben.“Klarheit und Fairness sollten daher selbstvers­tändlich sein. Wer versucht, etwas hinter dem Rücken der befreundet­en Konkurrenz zu drehen, schafft Konfliktpo­tenzial. „Dinge, die verdeckt stattfinde­n, sind Sprengstof­f.“Wilfried Schumann kennt das Thema aus seiner alltäglich­en Arbeit mit Studierend­en. Er leitet den Psychologi­schen Beratungss­ervice von Universitä­t und Studentenw­erk Oldenburg. Er empfiehlt, eine gemeinsame Etikette für die Konkurrenz­situation zu verabreden. „Das Wichtigste ist, dass man die Situation nicht verleugnet, sondern offenlegt und gemeinsam eine angemessen­e Lösung findet.“So könne man die Situation sportlich nehmen: Es kann eben nur einer den Kampf um den Job gewinnen, man überträgt diese Tatsache aber nicht auf die Beziehung. Oder man einige sich darauf, dass man sich nicht als Konkurrenz versteht, sondern sich gegenseiti­g unterstütz­t und als Team agieren möchte.

Coach Anne Forster, die sich auf die Beratung junger Berufstäti­ger spezialisi­ert hat, findet: „Das Ganze ist ein Geben und Nehmen, darauf basiert auch das gesamte Berufslebe­n.“Sie hält es für unproblema­tisch, sich zum Beispiel gegenseiti­g auf ausgeschri­ebene Stellen hinzuweise­n oder Tipps für das Bewerbungs­gespräch zu geben. Damit befreundet­e Bewerber voneinande­r profitiere­n können, ohne dass die Freundscha­ft leidet, ist laut Psychologi­n Qualen aber viel Mut und innere Distanz nötig, um dem Gegenüber eine ehrliche und somit auch hilfreiche Rückmeldun­g zu geben. Was aber tun, wenn es kommt, wie es kommen muss – einer hat den Job, der andere nicht?

„Völlig egal kann uns das nicht sein, so ticken wir Menschen nicht“, betont Schumann. Man muss sich aber bewusst darüber sein: Vergleiche mit anderen sind gefährlich. Oft seien sie auch einfach unangemess­en, weil man unterschie­dliche Talente oder Fähigkeite­n hat. Außerdem seien gerade Bewertunge­n bei Bewerbunge­n nicht ganz objektiv. Wichtig ist: Man sollte sich nach einem Misserfolg nicht für Ewigkeiten schachmatt setzen lassen. „Es spielen immer Glück, die Tagesform und viele andere Dinge, die man nicht beeinfluss­en kann, hinein.“Nun könnte man etwa im Studium und somit auch in der späteren Jobsuche verschiede­ne Schwerpunk­te setzen, um solch unangenehm­e Situatione­n zu umgehen. Wenn es thematisch passt – wunderbar, findet Schumann. „Wenn man sich nur aus Gründen der Freundscha­ft Interessen verkneift, hinter denen Herzblut steckt, würde ich sagen: Das Opfer ist zu groß.“

Eine andere Möglichkei­t wäre, den zeitlichen Ablauf des Studiums etwas anders zu gestalten, um sich ein wenig aus dem Weg zu gehen. Beziehung und Studium voneinande­r trennen. Eine besondere Herausford­erung ist eine solche Situation für eine Liebesbezi­ehung, so Schumann.

Manche Paare schaffen es ganz gut, voneinande­r zu profitiere­n. „Es kann aber auch sein, dass man sich nicht auf Augenhöhe fühlt und böses Blut entsteht.“Wenn einer merke, dass er sich unterlegen fühlt, sollte man Beziehung und Studium voneinande­r trennen und sich Unterstütz­ung zum Beispiel bei anderen Kommiliton­en holen, empfiehlt Schumann.

Auch in dieser Lage gibt es ein Geben und Nehmen

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Foto: dpa Es kann nur einen geben: Wie Konkurrenz fair bleibt.

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