Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Da gärt noch was
Der Nudelnot folgt die Hefehysterie. Das ist ein gutes Zeichen
Am Anfang geht es um niederste Bedürfnisse. Menschen stapeln ganze Kellerkammern bis zur Decke voll mit Zellstoffrollen. Egal ob zwei-, drei oder vierlagig, flauschig oder eher schmirgelpapierartig: Klopapier braucht das Land. Erst als es den Hochstaplern dämmert, dass das Leben da draußen ganz offenkundig doch weitergeht und der Toilettenbesuch eine vorangegangene Nahrungsaufnahme bedingt, erreichen sie das nächste Level: die Pasta-phase.
Quasi über Nacht bricht die Nudelnot aus. In den Supermarktregalen der Republik heißt es niente al dente. Weil aber selbst in die dicksten Hamsterbacken irgendwann keine weiteren Fusilli mehr hineinpassen, richtet sich der Blick bald auf ein neues, bislang weithin unterschätztes Produkt. Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen im Hefestadium! Kleine, graubräunliche Würfel sind plötzlich ein kostbares, weil oft ausverkauftes Gut. Der Deutsche Verband der Hefeindustrie e.v. (ja, den gibt es wirklich) sieht sich zu einer offiziellen Stellungnahme gezwungen: „Entgegen umläufiger Befürchtungen ist die Sorge um die Verfügbarkeit der Backzutat Hefe unbegründet.“Also Ruhe bewahren! Schließlich ist die Hefehysterie ja auch ein hoffnungsvolles Zeichen. In diesem Land gärt noch was. Die Bürger nehmen ihre Nahrungsmittelversorgung selbst in die Hand.
Ob sie nun Weißbier in Heimarbeit für den Eigenbedarf brauen? Für einen gestandenen Bayern kann das ja durchaus eine gewisse Systemrelevanz haben. Oder ob sie Brot, Zöpfe und Pizza in der Küchenmanufaktur erstellen? Egal. So werden wir jedenfalls auch diese Krise eines Tages gebacken kriegen.