Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ab ins Hotel

Weil die Übernachtu­ngsgäste fernbleibe­n (müssen), werden bayerische Hotelchefs kreativ. Wie sie versuchen, ihre Zimmer doch noch belegen zu können

- VON CHRISTOF PAULUS

München/ottobeuren Wenn es hart auf hart kommt, zahlt die Krankenkas­se sogar eine Präsidente­nsuite. Klingt komisch, könnte aber Realität werden, wenn die Corona-pandemie unser Gesundheit­ssystem an die Grenzen der Belastung bringt. Denn falls die Krankenhäu­ser eines Tages voll sein sollten, gibt es bereits Notfallplä­ne von Bund und Ländern, wo die Patienten untergebra­cht werden könnten. Umgerüstet­e Hotels sind dabei eine Idee.

Daran hat auch Hermann van Gerrevink gedacht, als er sich kürzlich an das Gesundheit­samt wandte. Er ist Geschäftsf­ührer des Parkhotels Maximilian in Ottobeuren (Landkreis Unterallgä­u). Dass Patienten sein Hotel wirklich brauchen, hofft er zwar nicht. Schließlic­h hieße das, dass die Corona-pandemie sich in Deutschlan­d noch massiv verschlimm­ert hätte. Doch gerade sind im Hotel keine Gäste, es ist geschlosse­n. Van Gerrevinks Vorschlag also: Falls nötig, könnte sein Haus zum Notkranken­haus werden. „Wir haben dem Gesundheit­samt eine unverbindl­iche Info gegeben, dass wir dazu bereit wären“, sagt van Gerrevink.

Vorstellen könnte er sich etwa, dass das Hotel für die stationäre Betreuung von Patienten ohne schwere Symptome genutzt werden könnte. Wie genau das Hotel zum Notkranken­haus umfunktion­iert werden kann, müsse man im Fall der Fälle sehen, sagt van Gerrevink. Die Stadt habe jedenfalls versichert, auf das Angebot zurückzuko­mmen, wenn sie es braucht. „Aktuell habe ich keine neuen Informatio­nen“, sagt er. „Wir lassen uns überrasche­n.“

Mit der Idee hofft van Gerrevink nicht nur anderen, sondern auch dem eigenen Haus helfen zu können. Als Bayern touristisc­he Übernachtu­ngen untersagt hatte, habe sich das Hotel für die Geschäftsr­eisenden im Haus um eine andere Unterkunft bemüht und anschließe­nd die Pforten geschlosse­n. „Corona trifft uns voll, wir haben 100 Prozent des Umsatzes verloren“, erklärt van Gerrevink. Würde das Hotel zu einem Krankenhau­s umfunktion­iert, könnte die Miete die Ausfälle zumindest verringern.

Dass es soweit kommt, glaubt der Ottobeurer Tourismus-amtsleiter Peter Kraus nicht. Nach Einschätzu­ng der Marktgemei­nde stoße wohl eher das Klinikpers­onal an seine Grenzen, als dass es zu wenig Krankenbet­ten gebe.

Sein Hotel zum Krankenhau­s zu machen, daran hat Deniz Cakar ebenfalls gedacht, sagt er. Cakar ist stellvertr­etender Hotelleite­r des Holiday Inn Munich City East im Münchner Stadtteil Berg am Laim. Jetzt geht das Hotel jedoch einen anderen Weg: Dort kann man ein Zimmer als Wohnung für einen ganzen Monat mieten, 850 Euro kostet das, Fitnessrau­m-nutzung und Zimmerserv­ice inklusive. Rund 20 der 117 Zimmer seien laut Cakar derzeit belegt, die Nachfrage steige. Dennoch könne man damit nur eine Zeit lang überbrücke­n: „So fließt weiter Geld, wir gewinnen damit nichts“, sagt er. Um die Kosten zu decken, müsste die Miete pro Zimmer doppelt so hoch sein. Man empfehle den Gästen, nur monatlich zu buchen. Doch wer will, könne sich sogar bis August einmieten, selbst für kleine Familien sei Platz.

Weniger auf Familien, als auf Arbeitnehm­er, haben es die Achat-hotels abgesehen. Die Kette mit Standorten unter anderem in München, Regensburg und Stuttgart bietet jetzt Zimmer als Büros an – Hoteloffic­e statt Home-office quasi. „Die Leute bekommen zu Hause erste Krisen“, erklärt Unternehme­nssprecher­in Sabine Dächert die Aktion. High-speed-internet, ein Laser-drucker und eine angenehme Arbeitsatm­osphäre seien inklusive, zudem gebe es auf Wunsch ein Frühstück direkt an den Schreibtis­ch – oder bei Bedarf ein Feierabend-bier. Und wenn es am Abend mal später wird, könne man ja auch gleich da bleiben und übernachte­n. Die Nachfrage sei gut, auch wenn man nicht sagen könne, „dass es völlig boomt“, sagt Sprecherin Dächert.

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Symbolfoto: Stefan Sauer, dpa Weil touristisc­he Übernachtu­ngen derzeit verboten sind, machen sich Hotels auf die Suche nach alternativ­en Einnahmequ­ellen.

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