Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ab ins Hotel
Weil die Übernachtungsgäste fernbleiben (müssen), werden bayerische Hotelchefs kreativ. Wie sie versuchen, ihre Zimmer doch noch belegen zu können
München/ottobeuren Wenn es hart auf hart kommt, zahlt die Krankenkasse sogar eine Präsidentensuite. Klingt komisch, könnte aber Realität werden, wenn die Corona-pandemie unser Gesundheitssystem an die Grenzen der Belastung bringt. Denn falls die Krankenhäuser eines Tages voll sein sollten, gibt es bereits Notfallpläne von Bund und Ländern, wo die Patienten untergebracht werden könnten. Umgerüstete Hotels sind dabei eine Idee.
Daran hat auch Hermann van Gerrevink gedacht, als er sich kürzlich an das Gesundheitsamt wandte. Er ist Geschäftsführer des Parkhotels Maximilian in Ottobeuren (Landkreis Unterallgäu). Dass Patienten sein Hotel wirklich brauchen, hofft er zwar nicht. Schließlich hieße das, dass die Corona-pandemie sich in Deutschland noch massiv verschlimmert hätte. Doch gerade sind im Hotel keine Gäste, es ist geschlossen. Van Gerrevinks Vorschlag also: Falls nötig, könnte sein Haus zum Notkrankenhaus werden. „Wir haben dem Gesundheitsamt eine unverbindliche Info gegeben, dass wir dazu bereit wären“, sagt van Gerrevink.
Vorstellen könnte er sich etwa, dass das Hotel für die stationäre Betreuung von Patienten ohne schwere Symptome genutzt werden könnte. Wie genau das Hotel zum Notkrankenhaus umfunktioniert werden kann, müsse man im Fall der Fälle sehen, sagt van Gerrevink. Die Stadt habe jedenfalls versichert, auf das Angebot zurückzukommen, wenn sie es braucht. „Aktuell habe ich keine neuen Informationen“, sagt er. „Wir lassen uns überraschen.“
Mit der Idee hofft van Gerrevink nicht nur anderen, sondern auch dem eigenen Haus helfen zu können. Als Bayern touristische Übernachtungen untersagt hatte, habe sich das Hotel für die Geschäftsreisenden im Haus um eine andere Unterkunft bemüht und anschließend die Pforten geschlossen. „Corona trifft uns voll, wir haben 100 Prozent des Umsatzes verloren“, erklärt van Gerrevink. Würde das Hotel zu einem Krankenhaus umfunktioniert, könnte die Miete die Ausfälle zumindest verringern.
Dass es soweit kommt, glaubt der Ottobeurer Tourismus-amtsleiter Peter Kraus nicht. Nach Einschätzung der Marktgemeinde stoße wohl eher das Klinikpersonal an seine Grenzen, als dass es zu wenig Krankenbetten gebe.
Sein Hotel zum Krankenhaus zu machen, daran hat Deniz Cakar ebenfalls gedacht, sagt er. Cakar ist stellvertretender Hotelleiter des Holiday Inn Munich City East im Münchner Stadtteil Berg am Laim. Jetzt geht das Hotel jedoch einen anderen Weg: Dort kann man ein Zimmer als Wohnung für einen ganzen Monat mieten, 850 Euro kostet das, Fitnessraum-nutzung und Zimmerservice inklusive. Rund 20 der 117 Zimmer seien laut Cakar derzeit belegt, die Nachfrage steige. Dennoch könne man damit nur eine Zeit lang überbrücken: „So fließt weiter Geld, wir gewinnen damit nichts“, sagt er. Um die Kosten zu decken, müsste die Miete pro Zimmer doppelt so hoch sein. Man empfehle den Gästen, nur monatlich zu buchen. Doch wer will, könne sich sogar bis August einmieten, selbst für kleine Familien sei Platz.
Weniger auf Familien, als auf Arbeitnehmer, haben es die Achat-hotels abgesehen. Die Kette mit Standorten unter anderem in München, Regensburg und Stuttgart bietet jetzt Zimmer als Büros an – Hoteloffice statt Home-office quasi. „Die Leute bekommen zu Hause erste Krisen“, erklärt Unternehmenssprecherin Sabine Dächert die Aktion. High-speed-internet, ein Laser-drucker und eine angenehme Arbeitsatmosphäre seien inklusive, zudem gebe es auf Wunsch ein Frühstück direkt an den Schreibtisch – oder bei Bedarf ein Feierabend-bier. Und wenn es am Abend mal später wird, könne man ja auch gleich da bleiben und übernachten. Die Nachfrage sei gut, auch wenn man nicht sagen könne, „dass es völlig boomt“, sagt Sprecherin Dächert.