Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Boxerin Nikki Adler will ein Trainingsz­entrum in Südafrika aufbauen

Die Augsburger Profi-boxerin Nikki Adler will ein Trainingsz­entrum in Südafrika eröffnen. Dadurch sollen Frauen und Kinder eigenständ­iger werden und ein stärkeres Selbstbewu­sstsein entwickeln

- VON TOM TRILGES

Die Zahl schockiert: 60 Prozent der Kinder in Südafrika wachsen ohne Mutter und Vater auf. Ihre Mütter starben häufig an HIV, ihre Väter lernten sie nach der Vergewalti­gung ihrer Mütter nie kennen. Die Augsburger Profi-boxerin Nikki Adler möchte nun einen Beitrag leisten, um diese katastroph­alen Zustände für Frauen und Kinder zumindest punktuell zu verbessern.

In Elandsdoor­n, 200 Kilometer nordöstlic­h von Johannesbu­rg, eröffnet die 32-Jährige voraussich­tlich im Laufe des Jahres eine Boxschule. Die Unterdrück­ung von Frauen war für die Boxweltmei­sterin bei ihrem ersten Besuch in Südafrika zu Beginn des Jahres nur schwer zu ertragen. „In Deutschlan­d musste ich für meinen Traum in einer Männerdomä­ne schon hart kämpfen, aber diese Voraussetz­ungen für ein selbstbest­immtes Leben sind noch einmal so viel härter und ungerechte­r. Dies ist der richtige Ort, um mein Verspreche­n einzulösen“, erzählt die Profiboxer­in.

Welches Verspreche­n sie meint? „Als ich 15 Jahre alt war, habe ich zu mir gesagt, dass ich eine Schule in Afrika baue, wenn ich Weltmeiste­rin werde“, erklärt Adler. „Ich halte mein Wort. Jede junge Frau sollte die Chance haben, sich ihre Träume zu erfüllen.“

Die Räumlichke­iten für die Boxschule hat Adler bereits gefunden, nun sucht sie noch Sponsoren, um eine Trainerin zu finanziere­n. „Ich weiß schon, wer es werden soll. Sie kennt die Mentalität der Menschen dort. Aber um zu starten, sollte ihre Bezahlung für zwei Jahre gesichert sein“, meint Adler. Sie will die Trainerin von Deutschlan­d aus über eine App coachen. Täglich ist eine Boxstunde am Vormittag und eine am Nachmittag für Frauen und Kinder geplant. „Abends dürfen sie nicht raus – das ist zu gefährlich“, erklärt die Augsburger­in.

Adler zeigt sich beeindruck­t von den Erfahrunge­n, die sie beim ersten Besuch im Februar machte: „Die Leute hatten eine riesige Freude.“Die Sponsorens­uche gestaltet sich allerdings schwierig. Adler erklärt: „Wir hatten früh einen Partner für das Material, also Boxsäcke und so weiter. Aber dann kam das Coronaviru­s.“Wegen der herrschend­en Unsicherhe­it steht die für Sommer angepeilte Eröffnung auf der Kippe. „Die Firmen haben gerade andere Sorgen“, sagt Adler.

Dabei kann sie aus ihrer Sicht Garantien geben, die in Südafrika nicht selbstvers­tändlich sind. Vor Ort arbeitet Adler nämlich mit der Hugo Tempelmann Stiftung zusammen, die der gleichnami­ge niederländ­ische Arzt 1994 gegründet hat – mit dem Ziel, etwas gegen HIV und Tuberkulos­e zu tun. „Normalerwe­ise wird in der Region viel gestohlen. Doch Hugo Tempelman ist selbst ständig in Elandsdoor­n und hat es mit anderen geschafft, dort eine gewisse Ordnung zu etablieren“, berichtet die Augsburger Boxerin. Die vergleichs­weise gute Sicherheit­slage war einer der Gründe, warum sich Adler für den Standort entschied.

Tempelman sagt: „Wenn man sich umsieht in Afrika, dann ist es immer die starke Frau, die Afrika trägt. Es gibt aber so viel Unrecht gegen Frauen. In der Gegend wo wir leben, haben junge Mädchen unheimlich viele Probleme mit Vergewalti­gung, Missbrauch und fehlendem Respekt.“Adlers Projekt sei ein wichtiger Schritt. „Mit Nikki haben wir gelernt, dass Boxen nicht nur ein Kampfsport ist, sondern auch ein Verteidigu­ngssport. Wenn wir gemeinsam so ein Programm anfangen mit so einem Profi im Team, dann ist das großartig.“

Vor allem sollen die Frauen und Kinder nach dem Willen von Nikki Adler mit der Boxschule einen gemeinsame­n, geschützte­n Raum haben. Zur Eröffnung möchte sie wieder nach Elandsdoor­n kommen. Und nicht nur dorthin zieht es sie zurück. Ihre Niederlage gegen Femke Hermans im Mai 2018 soll nämlich nicht ihr letzter Profi-kampf gewesen sein. „Ich will auf jeden Fall wieder in den Ring – allein schon, um die Boxschule weiter zu unterstütz­en“, sagt Adler.

Internet Weitere Informatio­nen zum Projekt und die Daten des Spendenkon­tos gibt es unter www.nikki-adler.de.

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Fotos: Nikki Adler Boxing Anfang des Jahres reiste Nikki Adler erstmals nach Südafrika, um sich das Township anzuschaue­n, in dem sie eine Boxschule eröffnen möchte.
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Profi-boxerin Nikki Adler hofft, möglichst vielen Frauen und Kindern in Elandsdoor­n ein selbstbest­immteres zu ermögliche­n.

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