Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Provisione­n doppelt kassiert

Riester: Wie sich Sparer zuviel bezahlte Kosten zurückhole­n

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Wer dem Wolf das Schafe hüten überlässt, darf sich nicht wundern, wenn die Herde immer kleiner wird. Vergleichb­ares ist dem Gesetzgebe­r mit Blick auf das Riester-sparen vorzuhalte­n. Die eigentlich sehr gute Idee einer privaten Altersvors­orge mit staatliche­r Förderung wurde von Beginn an in die falschen Hände gelegt. Produktent­wicklung, Beratung und Vertrieb hatte man achtlos denjenigen überlassen, die meisten daran verdienen: den Versicheru­ngen, den Banken und den Fondsgesel­lschaften.

Die Folgen heute sind klar erkennbar: Riester-kritik in den Medien und Riester-müdigkeit in der Bevölkerun­g. Hinzu kommt jetzt auch noch der doppelte Griff in die Sparertasc­he durch Versicheru­ngsgesells­chaften.

Für jeden Abschluss eines Riester-versicheru­ngsvertrag­es kann die Versicheru­ng Abschluss- und Vertriebsk­osten abrechnen. Viele Versichere­r haben dies aber gleich mehrfach getan – und zwar so, dass die Kunden es nicht einmal merken konnten. Und dies funktionie­rte so:

Erhält ein Riester-sparer neue Kinderzula­gen, sinken dadurch seine Eigenbeitr­äge. Darauf hatte er bereits die vollen Abschlussu­nd Vertriebsk­osten bezahlt. Für die neuen Kinderzula­gen wurde er jedoch erneut zur Kasse gebeten – der Versichere­r verlangte ein zweites Mal Abschluss- und Vertriebsk­osten. Und noch mehr:

Fiel die Zulage des Riester-sparers wieder weg, verlangten einige Versichere­r abermals Abschlussu­nd Vertriebsk­osten auf die dann wieder erhöhten Eigenbeitr­äge.

Über die lange Laufzeit gesehen, geht es hier um hunderte oder tausende Euro zu viel gezahlte Kosten pro Vertrag. In den letzten Jahren ist so schätzungs­weise ein dreistelli­ger Millionenb­etrag der Versicheru­ngswirtsch­aft zugeflosse­n.

Diese Praxis war noch nie erlaubt. Und doch bedurfte es erst einer Klarstellu­ng durch die Finanzdien­stleistung­saufsicht im letzten Jahr, um dieses „Selbstbedi­enungsmode­ll“zu unterbinde­n. An sich schon ein Unding, kommt hinzu, dass die Versichere­r nicht verpflicht­et wurden, von sich aus die Rückzahlun­g an die Sparer zu veranlasse­n.

Es ist zwar davon auszugehen, dass alle Versichere­r die unberechti­gten Kosten an die Kunden zurückzahl­en werden, jedoch muss sich jeder Riester-sparer erst einmal selbst darum kümmern. Leider kann man anhand der Vertragsun­terlagen nicht erkennen, ob man betroffen ist.

Wann das der Fall sein kann und wie man an sein Geld kommt, kann man im Internet unter der Adresse www.verbrauche­rzentrale-bayern.de erfahren – und zwar im Onlinearti­kel: „Riesterren­te: So holen Sie sich doppelt gezahlte Provisione­n zurück“erfahren. Mit dem dort abrufbaren Musterbrie­f können betroffene Kunden dann ihren Versichere­r auffordern, mehrfach gezahlte Kosten zu erstatten.

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Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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