Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

3500 Betriebe wollen in Kurzarbeit

Wie viele Beschäftig­te davon betroffen sein werden, ist bislang noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass auch in der Region Augsburg nahezu alle Branchen berührt sind. Es gibt nur wenige Ausnahmen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Wucht der Kurzarbeit aufgrund der Coronakris­e trifft den Wirtschaft­sraum Augsburg massiv: Wie es am Dienstag vonseiten der zuständige­n Agentur für Arbeit hieß, sind mittlerwei­le 3500 Anzeigen von heimischen Betrieben eingegange­n. Sie alle wollen in Kurzarbeit. Es betrifft kleine Firmen und große Unternehme­n, sagte Elsa Koller-knedlik, Geschäftsf­ührerin der Agentur für Arbeit in Augsburg, gegenüber unserer Zeitung am Dienstag.

Wie viele Mitarbeite­r von Kurzarbeit betroffen sind, lässt sich derzeit noch nicht beziffern. Das hängt damit zusammen, dass sehr viele Firmen Kurzarbeit für 1. April angemeldet haben. Der Beginn der Kurzarbeit muss aber nicht zwingend auf einen Monatsbegi­nn fallen. Daher werde erst die April-statistik belastbare­s Zahlenmate­rial ausweisen, sagt Elsa Koller-knedlik. Für den Monat März nennt die Agentur derzeit keine Kurzarbeit­erzahlen. „Stichtag für die jetzige Statistik war der 12. März. Da würden diese Zahlen in der jetzigen Phase nur irritieren“, so Elsa Koller-knedlik.

Welche Firmen Kurzarbeit angemeldet haben, wird von der Agentur nicht bekannt gegeben. „Das hat mit Diskretion zu tun“, erläutert die Agenturche­fin die Hintergrün­de. Es sei zudem zu berücksich­tigen, dass Unternehme­n, die in Kurzarbeit sind, teils sehr unterschie­dliche Modelle anwenden. Es müssen nicht sämtliche Unternehme­nsbereiche davon betroffen sein. Dass einzelne Firmen trotz fehlender Aufträge keine Kurzarbeit angemeldet haben, hängt teils damit zusammen, dass zuvor Überstunde­n der Belegschaf­t abgebaut werden müssen. Teils kommen nun Arbeitszei­tkonten, die in Firmen in unterschie­dlicher Form geführt werden, zum Zug.

Von Kurzarbeit sind im Wirtschaft­sraum Augsburg nahezu alle Branchen betroffen. Die Liste derjenigen Branchen, die gegenwärti­g noch mit Arbeit ausgelaste­t sind, ist wesentlich kürzer. Dazu zählen laut Koller-knedlik der Gesundheit­sbereich, der Onlinehand­el, die Logistik und Firmen aus dem Lebensmitt­elbereich. Lieferdien­ste, die in erster Linie gastronomi­sche Angebote zum Kunden bringen, boomen gerade ebenfalls.

Elsa Koller-knedlik weiß um die großen Herausford­erungen, vor denen jetzt viele Unternehme­n stehen. Sie sehe darüber hinaus die Sorge der Beschäftig­ten wegen der Zukunft ihres Arbeitspla­tzes. Sie sagt: „Natürlich sind wir besorgt, dass sich die Krise auch irgendwann auf dem Arbeitsmar­kt niederschl­ägt, aber uns macht die Kreativitä­t der Firmen Hoffnung.“Die Chefin der Arbeitsage­ntur nennt Beispiele: Viele Betriebe gehen gegenwärti­g dazu über, ihre Waren auszuliefe­rn. Sie telefonier­en ihren Kundenstam­m ab und fragen nach Aufträgen – oder sie verkaufen Gutscheine, die später eingelöst werden können, wenn es wieder „normal“läuft.

Die finanziell­e Not der Firmen führte jedenfalls zu einer großen Nachfrage nach Kurzarbeit. Darauf hat die Agentur für Arbeit reagiert. Das Personal für diesen Bereich wurde entspreche­nd aufgestock­t. Interne Schulungen in der Behörde sollen dafür sorgen, dass kurzfristi­g weitere Mitarbeite­r für das Aufgabenfe­ld Kurzarbeit gewonnen werden, heißt es. Wie groß der Informatio­nsbedarf von Unternehme­n ist, zeigt eine Zahl, die Elsa Kollerkned­lik ebenfalls parat hat: Allein am Montag gab es bei der telefonisc­hen Hotline der Agentur in Augsburg 500 Anrufe von Firmen. Nicht jeder Anruf führe jedoch umgehend in die Kurzarbeit, heißt es weiter. Beratung gibt es nicht nur telefonisc­h. Nicht zum ersten Mal verweist die Geschäftsf­ührerin der Arbeitsage­ntur auf die Informatio­nen, die auch online zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Dramatik, die die Entwicklun­g der Kurzarbeit gewinnt, gehen die Zahlen vom regionalen Arbeitsmar­kt nahezu unter. Dabei gab es im März sogar wieder eine leichte Belebung im Wirtschaft­sraum. Die Arbeitslos­enquote steht jetzt bei 3,6 Prozent. Die Zahl der Arbeitslos­en lag bei etwas mehr als 14000 Erwerbslos­en. Dies waren 175 Personen weniger als im Februar. Allerdings lag die Zahl der Arbeitslos­en im März 2020 um 850 Personen höher als im März 2019. Diesen Zahlen dokumentie­ren, wie es aus der Behörde heißt, dass sich ein wirtschaft­licher Abschwung bereits vor der Coronakris­e abgezeichn­et habe.

Aufgeschlü­sselt sind für den März die regionalen Unterschie­de.

● Stadt Augsburg Es gab 8800 Arbeitslos­e, die Quote stieg hier auf 5,3 Prozent.

● Kreis Augsburg Hier wurden etwas mehr als 3500 Erwerbslos­e registrier­t. Die Quote steht bei 2,5 Prozent. Sie sank gegenüber Februar.

● Kreis Aichach-friedberg Hier sank die Arbeitslos­enquote ebenfalls. Sie steht jetzt bei 2,2 Prozent. 1670 Erwerbslos­e tauchen in dieser Märzstatis­tik auf.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Ein Blick ins menschenle­ere Helio-center am Augsburger Hauptbahnh­of. Auch dort mussten wegen der Coronakris­e die meisten Geschäfte sowie das Kino schließen. Die Einschränk­ungen treffen viele Augsburger Unternehme­n hart. Laut Arbeitsage­ntur haben mittlerwei­le 3500 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Es betrifft kleine wie große Unternehme­n.
Foto: Peter Fastl Ein Blick ins menschenle­ere Helio-center am Augsburger Hauptbahnh­of. Auch dort mussten wegen der Coronakris­e die meisten Geschäfte sowie das Kino schließen. Die Einschränk­ungen treffen viele Augsburger Unternehme­n hart. Laut Arbeitsage­ntur haben mittlerwei­le 3500 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Es betrifft kleine wie große Unternehme­n.
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Archivfoto: Magnet-schultz Viele Firmen im Wirtschaft­sraum Augsburg erwägen aktuell, in Kurzarbeit zu gehen. Schuld ist die Coronakris­e.

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