Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Groß angelegter Betrugsfal­l entdet in kurzem Prozess

Zwei Männer aus der Region waren Teil einer internatio­nalen Gruppierun­g, die Bankkunden betrog. Das Verfahren gegen sie dauerte trotz komplexer Materie nicht lange – was nicht nur an der Coronakris­e lag

- VON JAN KANDZORA

Die kriminelle Masche war einigermaß­en komplex, der Prozess hingegen kurz. Was auch an den aktuellen Umständen gelegen haben dürfte. Zwei junge Männer aus dem Raum Augsburg sind von der 1. Strafkamme­r des Landgerich­tes zuletzt wegen Betrugsdel­ikten zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden. Sie waren Teil einer kriminelle­n Gruppierun­g, die Menschen über fingierte Anrufe um ihr Geld brachte – und dabei sowohl die Opfer selbst als auch Bankfilial­en leimte. Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft geht von einem Gesamtscha­den von etwa 500000 Euro aus.

Im jetzigen

Prozess

ging

es nur um einen Teil davon; die beiden Angeklagte­n, zwei junge Männer, waren lediglich Rädchen im Getriebe, nicht die Haupttäter. Die mutmaßlich­en Drahtziehe­r sollen in der Türkei leben. Es handelt sich nach Erkenntnis­sen der Ermittler um zwei Brüder und ihre Lebensgefä­hrtinnen, die alle fließend Deutsch sprechen und für die Organisati­on des Betruges, aber auch für die Anrufe zuständig gewesen sein sollen. Im Sommer 2018 hatten sich jedenfalls Betrüger in mehr als einhundert Fällen einer gefälschte­n Telefonnum­mer bei ahnungslos­en Bankkunden gemeldet und behauptet, Mitarbeite­r ihrer jeweiligen Geldinstit­ute zu sein. Die Kriminelle­n behauptete­n unter anderem, man müsse „Kontodaten abgleichen“.

Hatten die falschen Bankmitarb­eiter einmal die Daten der Kunden, wandten sie sich an deren Bankfilial­en, wo den echten Bankmitarb­eitern auf ihren Telefonen die tatsächlic­hen Rufnummern der jeweiligen Kunden angezeigt worden sein sollen. Die Kriminelle­n gaben sich als die Kunden aus, deren Daten sie just erbeutet hatten, und veranlasst­en Überweisun­gen. Mal ging es um 1500 Euro, mal um 2500 Euro. Über Umwege ging das Geld zu den Hintermänn­ern in der Türkei. Auf hohe Hürden stießen die Betrüger bei den Bankfilial­en offenbar nicht.

Die beiden jetzigen Verurteilt­en sind 22 und 23 Jahre alt, sie stammen aus dem Irak, leben aber seit Langem in Deutschlan­d. Sie haben mehr als ein Jahr in Untersuchu­ngshaft gesessen und erhielten nun von der Kammer unter Vorsitz des Richters Christian Grimmeisen Haftstrafe­n von drei Jahren sowie drei Jahren und drei Monate. Die beiden jungen Männer hatten bereits gegenüber der Kriminalpo­lizei gestanden und räumten die Vorwürfe nun auch im Gerichtssa­al ein. Sie gaben zu, innerhalb der Gruppierun­g sogenannte „Logistiker“gewesen zu sein. Sie waren dafür zuständig, „Finanzagen­ten“anzuwerben, die letztlich ihre Konten zur Verfügung stellten, damit darauf Geld zwischenge­parkt werden konnte, ehe es in die Türkei floss.

Die Geständnis­se waren sicherlich der Hauptgrund dafür, dass der

Prozess trotz komplexer Materie nach zwei Verhandlun­gstagen bereits vorbei war. Ein anderer war vermutlich die Coronakris­e, die freilich viele Familienmi­tglieder der Angeklagte­n am ersten Prozesstag nicht davon abgehalten hatte, als Zuschauer im Saal zu erscheinen. Alle Prozessbet­eiligten allerdings erweckten den Eindruck, nicht mehr Zeit im Gerichtssa­al verbringen zu wollen als unbedingt nötig; die Anwälte der Angeklagte­n, Ralf Schönauer, Wilhelm Seitz und Stefan Mittelbach, stimmten etwa dem Vorschlag des Gerichts zu, auf viele Zeugenvern­ehmungen zu verzichten und stattdesse­n deren Aussagen bei der Polizei zu verlesen. Das Urteil ist bereits rechtskräf­tig.

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MITTWOCH, 1. APRIL 2020

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