Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kann Biden Trump schlagen?

Was den 77-Jährigen nun hoffen lässt

- VON THOMAS SPANG

Washington Joe Biden hat ein weiteres Mal bewiesen, das Stehaufmän­nchen der amerikanis­chen Politik zu sein. Mit dem Ausstieg seines linken Rivalen Bernie Sanders sind die Vorwahlen der Demokraten de facto beendet. Der 77-jährige Biden wird Donald Trump aller Voraussich­t nach in den Us-präsidents­chaftswahl­en am 3. November herausford­ern. Die Auferstehu­ng des totgesagte­n Kandidaten gilt unter Analysten als politische­s Wunder, für das es in der Geschichte amerikanis­cher Wahlkämpfe kein Vorbild gibt. Innerhalb von fünf Wochen stieg der nach den ersten Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und Nevada abgeschrie­bene „Onkel Joe“zum nicht mehr einholbare­n Spitzenrei­ter auf.

Die Corona-pandemie beschleuni­gte das Ende des innerparte­ilichen Zweikampfs, weil sie Sanders Kampagne an der Basis keine Chance mehr ließ. In einer Video-botschaft an seine Unterstütz­er verkündete Bernie, es gebe schlicht keine Chance mehr, die Nominierun­g zu gewinnen. Biden liegt nach derzeitige­m Stand mit 1217 Delegierte­n 303 Stimmen vorne. Rein rechnerisc­h war es so gut wie unmöglich für Sanders, diese Lücke zu schließen. Zumal er seinen Wahlkampf unter den Bedingunge­n einer Kontaktspe­rre nicht fortführen konnte. Sanders versprach seinen Anhängern, seinen Einfluss für linke Inhalte einzusetze­n. Biden sei „ein sehr anständige­r Mann, mit dem ich zusammenar­beiten werde, um unsere progressiv­en Ideen voranzutre­iben“.

Sanders hatte im Wahlkampf wiederholt versproche­n, seinen Teil dazu beizutrage­n, die Partei gegen Trump zu einen. Mit seinem Rückzug erspart er den Demokraten einen bitteren Flügelstre­it, der 2016 Hillary Clinton entscheide­nde Stimmen kostete. Hinter den Kulissen hatten Unterhändl­er der Kandidaten in den vergangene­n Tagen intensiv darüber beraten, wie die Partei nun schnell zusammenge­bracht werden könnte. Gedacht ist auch an einen gemeinsame­n Auftritt Bidens und Sanders – persönlich oder virtuell – der Einheit demonstrie­ren soll.

Das schnelle Zusammenrü­cken der Demokraten passt Präsident Trump genauso wenig ins Drehbuch seiner Wahlkampag­ne wie die Corona-pandemie. Er kann nun nicht mehr mit einer brummenden Wirtschaft vor die Wähler treten. Der Krisenbonu­s in den Umfragen verflüchti­gte sich binnen kürzester Zeit. Die Meinungsfo­rscher sehen ihn mehrere Punkte hinter Biden, der auch im Wahlmänner-kollegium eine Mehrheit hat.

Bidens Problem besteht darin, auch ohne Amt im Kampf gegen Corona sichtbar zu werden. Bisher hat der designiert­e Herausford­erer diese Bühne weitgehend dem Präsidente­n überlassen.

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Foto: Brochstein, dpa Joe Biden, designiert­er Us-präsidents­chaftskand­idat.

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