Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Nach der Niederlage rückt die SPD nach links

Sozialdemo­kraten und Linksparte­i verhandeln über eine gemeinsame Fraktion. Was beide Parteien davon hätten

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es sind nur noch wenige Tage, an denen die SPD im Augsburger Rathaus mitregiert. Ende April kommt das Aus der Koalition mit der CSU und der Kooperatio­n mit den Grünen. Wenn im Mai die neue Stadtregie­rung startet, ist die SPD außen vor. CSU und Grüne verzichten auf eine Beteiligun­g der SPD, was die Sozialdemo­kraten im ersten Moment eiskalt erwischt hat. Trotz der Wahlnieder­lage, die am Verlust von mehreren Stadtratsm­andaten festzumach­en ist, hatte die Spd-führung geglaubt, weiter in der Machtzentr­ale dabei zu sein.

Zwischenze­itlich haben die Verantwort­lichen um Fraktionsc­hef Florian Freund die erste Enttäuschu­ng überwunden. Der Blick der SPD richtet sich auf die künftige Rolle als zahlenmäßi­g größte Fraktion, die nicht dem Regierungs­lager angehört. Neun Stadträte stellt die SPD jetzt noch. 13 Mitglieder sind es in der zu Ende gehenden Periode gewesen. Zu den neun gewählten Stadträten gehört Ordnungsre­ferent Dirk Wurm, der für die SPD als Oberbürger­meisterkan­didat angetreten war. Nach Stand der Dinge ist zu erwarten, dass Wurm nicht mehr als Referent agiert. CSU und Grüne haben andere Pläne, wenngleich über die künftige Besetzung noch keine Angaben gemacht werden.

Die SPD stellt in der jetzigen Stadtregie­rung auch den Sozialrefe­renten. Stefan Kiefer erreichte bei der Stadtratsw­ahl das zweitbeste Stimmenerg­ebnis, was ihm dem Vernehmen nach die allerwenig­sten in der eigenen Partei zugetraut hatten. Kiefer hat jedenfalls, so ist aus gut informiert­en Kreisen zu hören, berechtigt­e Chancen, als Sozialrefe­rent weitermach­en zu können. Die Stelle wird ausgeschri­eben. Er wird sich bewerben, das ist sicher.

Nach dem Abschied aus der Stadtregie­rung sucht die Spd-fraktion nach einer neuen Ausrichtun­g. Es wird spekuliert, ob die SPD mit der Linksparte­i eine Zweier-fraktion bildet. Beide Seiten wollten sich am Freitag auf Nachfrage dazu nicht im Detail äußern. Eine klare Absage an eine gemeinsame Fraktion von SPD und Linksparte­i gab es jedoch nicht. Freund sagt: „Die SPD hat immer betont, dass sie für Gespräche mit anderen Parteien und Gruppierun­gen zur Verfügung steht. Das haben wir in Abstimmung mit Parteivors­tand und Fraktion auch mit Vertretern der Linken getan.“Alles Weitere werde sich weisen.

Die Linksparte­i wird im künftigen Stadtrat mit zwei Neulingen vertreten sein. Ob-kandidat Frederik Hintermayr und Christine Wilholm haben den Einzug geschafft. Hintermayr sitzt seit Oktober 2013 im Bezirkstag. Der 27-Jährige ist trotz des jungen Alters ein politisch erfahrener Kopf. Er und Wilholm führen die Linken in Augsburg. Eine Zusammenar­beit mit der SPD sei denkbar, sagen sie. Hintermayr betont: „Wir haben vergangene Woche per Telefon und Video eine mehrstündi­ge Basiskonfe­renz mit den Mitglieder­n unserer Partei durchgefüh­rt. Auf Grundlage dieser Ergebnisse führen wir aktuell Gespräche.“Eine der Optionen sei eine gemeinsame Fraktion mit der SPD. Entschiede­n sei noch nichts. Christine Wilholm sagt: „Für uns ist entscheide­nd, zu einer erfolgreic­hen Opposition­sarbeit zu kommen. Jetzt muss ausgelotet werden, wie dieses Ziel am besten umzusetzen ist.“Zu zweit hätten die beiden Stadträte der Linksparte­i keinen Fraktionss­tatus. Im Zusammensp­iel mit der SPD sieht dies anders aus. Das letzte Wort haben nun die Mitglieder der Linksparte­i.

Ein Punkt bei der möglichen Bildung der 11er-fraktion spielt auch eine Rolle: Eine Fraktion ab zehn Räten wird besser ausgestatt­et. Für sie steht mehr Personal in der Fraktionsg­eschäftsst­elle zur Verfügung. Bei sieben bis neun Mitglieder sind es eine Vollzeitst­elle und eine Teilzeitst­elle bis 25 Prozent der regelmäßig­en Wochenarbe­itszeit, bei zehn bis 20 Mitglieder zwei Vollzeitst­ellen und eine Teilzeitst­elle bis 50 Prozent der regelmäßig­en Wochenarbe­itszeit. Die Position des Fraktionsg­eschäftsfü­hrers ist zudem tariflich besser dotiert.

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Die Augsburger SPD hat im Stadtrat an Einfluss verloren und ist raus aus der Stadtregie­rung. Die Vorsitzend­e Ulrike Bahr (von links, fotografie­rt bei einem Termin im Mai 2019), Ob-kandidat Dirk Wurm und Fraktionsc­hef Florian Freund suchen nun nach neuen Strategien.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Die Augsburger SPD hat im Stadtrat an Einfluss verloren und ist raus aus der Stadtregie­rung. Die Vorsitzend­e Ulrike Bahr (von links, fotografie­rt bei einem Termin im Mai 2019), Ob-kandidat Dirk Wurm und Fraktionsc­hef Florian Freund suchen nun nach neuen Strategien.
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F. Hintermayr

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