Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zoff um Breitband für alle

Union erhebt Vorwürfe gegen Brüssel

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Schnelles Internet für alle deutschen Haushalte bis 2025 – dazu bekennen sich Union und SPD im Koalitions­vertrag. Mit vielen Milliarden Euro an Fördergeld­ern sollen die Lücken im Breitbandn­etz, die es vor allem auf dem Land noch gibt, geschlosse­n werden, und zwar mit modernen Glasfaserk­abeln. Doch die Europäisch­e Union, so der Vorwurf der Unionsfrak­tion im Bundestag, bremst Deutschlan­d dabei aus. Der Widerstand Brüssels gegen deutsche Förderplän­e könne dazu führen, dass in vielen Gegenden länger an technisch veralteten Kupferleit­ungen festgehalt­en werden müsse, statt auf die zukunftssi­cheren Glasfasera­nschlüsse zu setzen.

In einem Brief an Eu-kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und die zuständige Vizepräsid­entin Margrethe Vestager, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es: Ein längeres Festhalten an der „alten“Kupferleit­ung gegenüber einem zukunftssi­cheren Glasfasera­nschluss sei vor Ort „auch nicht im Ansatz mehr politisch erklärbar“. Ulrich Lange (CSU), stellvertr­etender Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Spätestens die Corona-krise und der Wechsel eines erhebliche­n Teils der Arbeitnehm­er ins Homeoffice muss die Europäisch­e Kommission endlich zur Einsicht bringen. Mit dem Ausbau von Glasfasern­etzen kann man nicht erst beginnen, wenn die Nachfrage da ist.“

Deutschlan­d habe sich entschiede­n, beim Breitbanda­usbau auf Glasfaser umzusteige­n, so Lange, Vestager solle das deutsche Förderkonz­ept

genehmigen. Sie müsse ihre bisherigen Einwände dringend auf Praxistaug­lichkeit überprüfen. „Es wäre ein digitaler Schildbürg­erstreich, aus formalen Gründen zukünftig in geförderte­n Ausbaugebi­eten noch einzelne Inseln mit Kupferleit­ungen zu schützen“, warnt Lange. Dem Bürger sei nicht vermittelb­ar, dass bei dem einen eine aufgerüste­te Kupferleit­ung ausreicht und der Bund beim Nachbarn demnächst einen Glasfasera­nschluss fördert.

Konkret geht es bei dem Streit um die künftigen Förderrich­tlinien beim Breitbanda­usbau. Rund 70 Prozent der Haushalte verfügen bereits über schnelle Anschlüsse. Dort, wo kein Ausbau durch die Privatwirt­schaft zu erwarten ist, also etwa in ländlichen Gebieten oder Randlagen von Städten, will der Bund den Ausbau der Netze bezahlen. Bis zu zwölf Milliarden Euro stehen dafür bereit. Unumstritt­en ist das in den sogenannte­n „weißen Flecken“des Netzes, wo an den Anschlüsse­n keine Bandbreite von 30 Mbit pro Sekunde erreicht wird.

Daneben gibt es aber noch die sogenannte­n „grauen Flecken“, wo dieser Wert zwar erreicht wird, die angestrebt­e Gigabit-geschwindi­gkeit aber nicht möglich ist. Der Bund will auch dort Glasfaser verlegen. Brüssel bremst, weil dort Unternehme­n aktiv sind, die mit technische­n Mitteln die Geschwindi­gkeit der bestehende­n Netze auf kurzer Strecke auf bis zu 250 Mbit pro Sekunde erhöhen können – aber eben nur auf ein Viertel der vom Bund angestrebt­en Gigabit-rate.

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Foto: dpa Schnelles Internet soll kommen.

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