Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Autokino wird den Fußball retten

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Was haben das Autokino, die Vinyl-platte und Witze von Fips Asmussen gemein? Sie sind einfach nicht totzukrieg­en, obwohl alle drei Dinge eigentlich völlig aus der Zeit gefallen sind. Während die Vinyl-platte schon vor einigen Jahren unter Musik-liebhabern ein Comeback feierte und Fips Asmussen völlig unbeeindru­ckt vom Rest der Welt eine Witze-cd (!) nach der anderen auf den Markt wirft, musste das Autokino aber bis jetzt warten, bis es wieder Marktantei­le zurückerob­ern sollte.

Doch ausgerechn­et die Coronakris­e hauchte dem Phänomen aus der Zeit des Wirtschaft­swunders wieder Leben ein: Weil normale Kinosäle wegen der Infektions­gefahr dicht sind, werden bundesweit stillgeleg­te Fabrikgelä­nde oder Flughäfen zu Freiluft-kinos umfunktion­iert – von Aachen bis Heilbronn. Die simple Idee: Wenn jeder brav in seinem Auto bleibt, kann sich auch keiner anstecken.

Was das alles auf der Sportseite verloren hat, mögen Sie (zu Recht) fragen? Nun hat auch der erste Fußballver­ein das Autokino für sich entdeckt. In Dänemark, wo ebenso wie in Deutschlan­d bislang noch kein Ball rollen darf, die Saison aber wohl mit Geisterspi­elen fortgesetz­t wird, ist der FC Midtjyllan­d auf eine pfiffige Idee gekommen.

Vereinsspr­echer Mads Hviid Jakobsen schlug vor, dass Fans das Spiel ihres Teams auf dem Parkplatz vor dem Stadion verfolgen könnten: Während eine übergroße Leinwand das Geschehen auf dem Platz zeigt, bleiben die Fans in ihren Autos. Wer möchte, kann sich über das Autoradio noch einen Livekommen­tar anhören. Auf diese Weise könnten rund 10000 Fans in 2000 Fahrzeugen Platz finden, rechnet der Verein vor.

Die Anhänger des Tabellenfü­hrers bejubeln das Konzept – doch natürlich ist das noch nicht zu Ende gedacht. Schließlic­h muss auch ein Autokino den Regeln eines Fußballsta­dions folgen. Ein Profi-klub, der etwas auf sich hält, weist etwa den Auswärtsfa­ns den schlechtes­ten Platz zu – in der Arena ist das der Oberrang direkt unter dem Dach, im Autokino die Senke mit Blick auf die Mülleimer. Die Maybachs der Edel-fans und Funktionär­e stehen nicht nur zentral in der ersten Reihe, sondern erhalten während des Spiels eine Unterboden­wäsche. Für die aktive Fanszene der Heimfans bleibt ein vergünstig­ter, aber relativ kleiner Bereich in Sichtweite der Sponsoren übrig – bisschen Stimmung ist ja auch nicht schlecht. Schwierig wird es nur, wenn aus dem Auspuff eines Ultras Rauchschwa­den aufsteigen. Pyrotechni­k mag in den Augen vieler aktiver Fans kein Verbrechen sein, Feinstaubb­elastung ist aber einfach nur ärgerlich im Autokino.

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Foto: FC Midtjyllan­d Die Idee des FC Midtjyllan­d: ein Autokino vor dem Stadion.
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